Drei Gedanken zu: I Am Mother
In einer dystopischen Zukunft, in der die Menschheit quasi ausgelöscht ist, wird ein Roboter zur Mutterfigur eines kleinen Mädchens*. Doch ist der Maschine zu trauen? Das plötzliche Auftauchen einer fremden Frau* sät gefährliche Zweifel…
Dieses hochinteressante Science-Fiction-Setting von I Am Mother schreit geradezu danach, sich zu dem Film „Drei Gedanken“ zu machen – feministischer Art natürlich.
Aber Achtung: Der folgende Text enthält Spoiler und ist zur Lektüre NACH dem Film gedacht.
1. Gender ist auch in der Dystopie immer noch binär
Wie so viele filmische Zukunftsszenarien versäumt es auch I Am Mother die geschlechterpolitischen Entwicklungen der Gegenwart weiterzudenken und die binäre Aufteilung von Menschen in Frauen* und Männer* zu dekonstruieren. So sind also auch in I Am Mother alle Figuren klar männlich* oder weiblich*. Bereits die Embryonen, die im Labor von „Mutter“ lagern, sind fein säuberlich in Jungen* und Mädchen* kategorisiert. Das suggeriert bedauerlicher Weise, dass die von der Maschine angestrebte Evolution der Menschheit eine binäre und keine queere ist.
Auch die Figur „Mutter“ schreibt binäre Geschlechterstereotype insofern fort, als dass es sich bei dem Roboter eben klar um eine weibliche* Entität handelt, mit einer weiblichen* Stimme und der klar gegenderten Bezeichnung „Mutter“. Für die Aufzucht eines Kindes, so scheint es, braucht es ein als weiblich* lesbares Wesen. Die enge Verknüpfung von Weiblichkeit* und Mutterschaft schreibt sich auch in der zweiten Hauptfigur, „Tochter“ fort, die zum Ende des Films selbst die Fürsorge für ein Neugeborenes übernimmt. Obwohl sie in ihrem Leben noch niemals einen Säugling auch nur aus der Ferne gesehen hat, legt sie instinktiv mütterliches Verhalten an den Tag. Es muss wohl in ihrer Natur liegen…
So wie es übrigens auch in ihrer Natur liegt, dass sie Ballett tanzt, bastelt und niedliche Sticker auf ihre „Mutter“ klebt. Zwar verfügt „Tochter“ auch über technisches und medizinisches Wissen, dies jedoch aus der Notwendigkeit ihrer Lebenssituation heraus. Die wenigen Freizeitbeschäftigungen, die ihr im Zuge des Bunkerlebens vergönnt sind, stellen sich größtenteils als stereotyp weiblich* dar, so wie auch ihre langen Haare einem klassischen „Mädchen*bild“ entsprechen.
Der ausschließlich mit Frauen* besetzte Film entwirft also ein recht einseitiges und vor allem konservatives Bild von Weiblichkeit*. Im Übrigen besteht er nicht den Bechdel-Test, weil keine der sprechenden Figuren einen Namen besitzt. Nicht einmal „Tochter“, die sich alte Fernsehsendungen anschaut, kommt auch nur ein einziges Mal auf die Idee, nach einem Namen jenseits ihrer Verwandtschaftsbezeichnung zu fragen.
2. Mutterschaft als patriarchales Konzept
„Du kannst mir vertrauen“, „Hier hast Du alles, was Du brauchst“ – das sind die Sätze, mit denen die zwei Mutterfiguren dieses Films, der Roboter sowie die mysteriöse Fremde, „Tochter“ in ihre Obhut locken. Oder vielleicht doch eher in ihren Machtradius? I Am Mother ist vorübergehend eine Geschichte über Emanzipation, in der die heranwachsende Heldin lernen muss, ihre „Mutter“ in Frage zu stellen und nach alternativen Vorbildern zu suchen. Wer meint es wirklich gut mit ihr? Dass sie sich schließlich von beiden potentiellen Leitfiguren lossagt, macht I Am Mother übrigens zu einem durchaus emanzipatorisch wertvollen Film.
Interessanter noch als die wenig überraschende Entwicklung der Heldin, ist der Machtmissbrauch ihrer Helikopter-Mütter, die vordergründig nur das Beste für die junge Frau* wollen, tatsächlich aber vor allem eigene Ziele verfolgen. Da der Film innerhalb des sehr beschränkten Ensembles dazu keine Alternativen bieten kann, wird Mutterschaft hier zu einem patriarchalen Machtsystem, das nicht nur die Bewegungs- sondern auch die Entwicklungsfreiheit der Tochter massiv einschränkt.
In diesem Bild von Mutterschaft lauert eine tiefe Skepsis. Dass sich „Tochter“ auch mit der Möglichkeit auseinandersetzt, ihre Mutter könne an der Auslöschung der Menschheit aktiv beteiligt gewesen sein, erinnert an jene Form der Autoritätskritik, wie wir sie beispielsweise in der deutschen Nachkriegsgeneration finden. Insofern ist die hier durch patriarchale Kontrolle geprägte Variante von Mutterschaft vielleicht allgemeiner als Skepsis gegenüber Autoritäten zu verstehen. Nur weshalb dann dieser durchgehend weibliche* Cast, der durch ein reines Männer*team, nämlich Regisseur Grant Sputore und Autor Michael Lloyd Green, inszeniert wird?
3. Die Apokalypse mit einem weiblichen* Gott
I Am Mother arbeitet stärker als andere Science-Fiction-Thriller mit dem Element der Ambivalenz – einer Ambivalenz, die mit einem männlichen* Cast vielleicht schwieriger zu inszenieren gewesen wäre. Die mütterliche Art des Roboters, seine weibliche* Stimme, wecken nicht nur in „Tochter“ Vertrauen, sondern auch in uns als Zuschauer_innen. Dasselbe gilt für die Fremde, die auch gerade aufgrund ihrer weiblichen* Identität und unsere hierdurch getriggerten Projektionen besonders lange im Bereich der Ambivalenz verbleiben kann. Die Vermutung liegt nahe, dass wir männlich* lesbaren Figuren misstrauischer begegnen würden.
Die Fremde bringt mit der Jungfrau Maria, zu der sie betet, eine dritte Mutterfigur ins Spiel, die schließlich mit dem Roboter zu einer Einheit verschmilzt. „Mutter“ ist Gott, oder Göttin, ihre Apokalypse, wie die in der Bibel beschriebene, weniger ein Ende als der Neuanfang einer besseren Welt. Und wie die Maria der christlichen Lehre, ist auch die Mutter dieses Films ebenso eine „Jungfrau“ wie „Tochter“, die am Ende ohne Sexualkontakt oder Schwangerschaft zur Mutter wird.
Sexualität und Mutterschaft sind hier nicht nur vollkommen voneinander getrennt, vielmehr existiert Sexualität in dieser Geschichte überhaupt nicht, spielt auch in der Entwicklung der pubertierenden Heldin keinerlei Rolle. Darin steckt eine gehörige Portion Prüderie, die gemeinsam mit dem überdeutlichen religiösen Subtext und der zwischen den Zeilen des Filmtexts vermittelten Anti-Abtreibungsbotschaft, ein recht konservatives Weltbild ergibt. „Abort“, das englische Wort für „abtreiben“, markiert den entscheidenden Wendepunkt in der Beziehung zwischen Mutter und Tochter, wenn letztere erkennen muss, dass der Roboter mindestens ein „ungeeignetes“ Kind getötet hat. Die Verknüpfung des Begriffs „Abort“ mit den Bildern des etwa 4-jährigen Mädchens* erinnern verdächtig an Lebensschutz-Propaganda.
Es gibt in I am Mother aber auch einen Unterschied zur klassischen christlichen Vorstellung von Göttlichkeit und Apokalypse. Wo die Bibel davon ausgeht, dass die Menschheit klar in „gut“ und „böse“ zu unterscheiden sei, bleibt I Am Mother dem Konzept der Ambivalenz treu. Wer hier die „Gute“ und wer die „Böse“ ist, können weder „Tochter“ noch wir am Ende klar bestimmen. Stattdessen müssen wir die Existenz von Graustufen ertragen, die mit so ziemlich jedem moralischen Dilemma einhergeht.
Die meisten apokalyptischen Science-Fiction-Szenarien im Film zeichnen sich durch eine klare Unterscheidbarkeit von „Gute“ und „Böse“ aus, wobei es freilich immer die „Guten“ sind, die am Ende überleben. Eine solche Unterscheidung ist in sich gewissermaßen schon wieder patriarchal, weil sie eine objektive und absolute moralische Instanz suggeriert. Die Göttin dieser Geschichte jedoch ist keine absolute moralische Instanz, ebenso wenig wie irgendeine andere Figur der Geschichte. I Am Mother überträgt die Verantwortung für die moralische Einschätzung der Ereignisse dem Publikum. Das wiederum ist nicht sonderlich patriarchal. Und vielleicht gerade deshalb besonders herausfordernd.
Kinostart: 22. August 2019
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Man sollte nicht überall Sachen sehen die nicht da sind und auch nicht krampfhaft alle Minderheiten in Geschichten pressen, die dann fehl am Platz wären, nur am deren Gefühle nicht zu verletzen.
Die KI wusste wahrscheinlich am Besten, dass man keine Neubesiedlung der Welt mit queeren Individuen durchführen kann. Möglicherweise war das auch der Grund warum die Aufzucht der vorherigen beiden zukünftigen Mütter abgebrochen wurde, weil die eben keine notwendigen Voraussetzungen einer würdigen Mutter mitbrachten.
Dass weder „Mutter“ noch die „Tochter“ scheinbar keinen Namen hatten, heißt noch lange nicht, dass die keinen Namen hatten. Die Tochter wusste schon immer, dass ihre Mutter eine Maschine ist, vielleicht auch deren Kennung. Aber Kinder mit einer gesunden Beziehung zu ihren Eltern, würden diese niemals mit ihrem Namen ansprechen. Auch die Tochter hatte eine Kennung, die die KI aber eben liebevoll durch „Tochter“ ersetzt hat.
Manch einer begreift es vielleicht nicht, aber es ist evolutionär fest in uns verankert, wer die Aufzucht der Kinder in den ersten Jahren übernimmt. Eine Frau hat normalerweise mehr Mitgefühl als ein Mann, um das Kind in der kritischen Zeit zu unterstützen. Denn genau dieses ist im Weg, wenn man andere Lebewesen töten muss, um genug Nahrung nach Hause zu bringen. Heutzutage haben wir das Problem mit der Nahrungsbeschaffung zwar nicht mehr, man kann aber das Grundverhalten, das über millionen von Jahren entwickelt wurde, nicht in ein paar hundert Jahren abschütteln. Deswegen waren die ersten Kinder auch Frauen und nicht Männer.
Die fehlende Sexualität ist für diese Geschichte absolut irrelevant und wurde glücklicherweise „durch ein reines Männer*team“ gekonnt ausgeblendet. Ich kann sie aber beruhigen, wie auch alles andere, sind bei gesunden Menschen die Grundinstinkte immer da.
Der Film sollte uns meiner Meinung nach zeigen, dass das selbstsüchtige Verhalten, egal welchen Geschlechts, zur unserer Vernichtung führt und objektiv betrachtet so früh wie möglich gestoppt werden sollte. Auch wenn es bedeutet, alles vom Anfang an zu starten, um das Überleben der Menschheit zu sichern.
[löschbar] Mir schon klar, dass Sie diesen Kommentar wahrscheinlich nicht veröffentlichen. Aber möglicherweise werden Sie dadurch noch einmal Ihre Einstellung zu Männern überdenken. Denn auch Sie sollten Ihre Gene weitergeben, um den Sinn des Lebens zu erfüllen.
Wenn Sie schon den Feminismus fördern möchten, dann bitte nicht mit solchen Rezensionen, denn jegliche Übertreibung führt zu Widerstand. [/löschbar]
Danke dir.
Ebenfalls danke dir.
Ich sehe das ähnlich wie du und empfinde auch anhand der Einleitung des Films das es mehr Ethische Aspekte in betracht zieht. In meinen Augen bezieht sich die Handlung darauf „Tochter“ zu “ Erziehen“. Besser gesagt, Tochter zu einer Fleisch/Menschlichen “ Mutter“ zu machen. Wie man schon in der Unterrichtsstunde am Anfang sieht wird sich damit auseinander gesetzt das wohl der anderen über sein eigenes zu stellen und ein Leben für das vieler zu opfern.
Sexualität und grobe Entwicklung der Pubertät wären fehlplaziert gewesen, wobei man anmerken muss das sich „Tochter“ immer noch in der Pubertät befindet, da sie sich sonst nicht gegen „Mutter“ gestellt hätte.
Sehr gelungener Artikel!
Bringt mir spannende Einblicke und
regt zum Nachdenken an.
Auch für weitere Filme!
Danke dafür.
Foehnix
Eigentlich nur kleine Anmerkung: Es handelt sich hier doch wohl ganz klar um ein Matriarchat und nicht um ein Patriarchat. Finde daher das ständig wieder auftauchende Wort „patriarchal“ recht unpassend gewählt.
Wie kann man nur so ein Männerhasser sein??? Genieß doch einfach den tollen Film und hör auf Dinge zu sehen die nicht da sind
Meine Güte… Vielleicht sollte man ja jeden Film und jedes Spiel und jeden Artikel für m/w/d erstellen. Oder man kann auch mal die Kirche im Dorf lassen.
Geschlechter sind nunmal unterschiedlich – so will es die Natur.
Mutter hat die natürlichen Gegebenheiten nicht verändert. Wird hier also die natürliche Existenz von unterschiedlichen Geschlechtern kritisiert?! Lächerlich!
Dann sollte ich auch jeden Film abstrafen, in dem Frauen die Kinder bekommen!
Mir – einem Mann – wird dies schließlich auch vorenthalten. Böse Geschellschaft!
Viel mehr noch:
Wir haben die Rollen bei uns umgekehrt. Meine Frau geht 100% arbeiten – ich bin zu Hause und passe auf unseren Sohn auf.
So modern das auch sein mag: „Ein Kind braucht seine Mutter“ – und das bekommen wir ordentlich zu spüren. Die Natur hat sich schon was dabei gedacht bzw. die jahrtausend lange Entwicklung schon einen Sinn. Wenn eine Gesellschaft meint eigene ethische Werte über die Natur stellen zu wollen ist das doch irgendwie krank.
Hallo.
Leider wird hier die Bibel völlig falsch dargestellt. hier eine kleine zusammenfassung und richtigstellung:
Gott; Jesus Christus; die Bibel sagt:
Gott erschuff den Menschen, Mann und Frau. Beide sind Abbild Gottes(wie ein Schatten). Sie sollen herrschen und sich vermehren und über die Erde und Tiere herrschen. Die Erschaffung war gut, sagte Gott. (1. Mose) Mann und Frau sind in den Augen Gottes gleich, und gleichberechtigt. Jesus redet voller Respekt mit Frauen, und mit Hochachtung und Ehre zu jeder Frau. 8evangelium) Es gibt einen Wunsch von Gott: Ehe zwischen Mann und Frau und auch Sexualität in der Ehe. Wenn man den Anfang des Filmes mit der Realität vergleicht, so ist das sehr schräg. weil ein Kind Liebe, Nähe, stillen, Körperwärme, eine echte Stimme und Geruch braucht. Wald, Natur, Vater, Freunde und co.
Die Bibel sagt auch:
Jeder Mensch erreicht nicht die Herrlichkeit Gottes,
jeder Mensch ist eine Sünder und verloren,… Römer brief
Durch das glauben und vertrauen auf jesus gibt es errettung und das heil. Gnade und frieden.
wie kommt man in den himmel? kann man Ihn erkaufen, oder erarbeiten?
was ist wenn mir gott egal ist?
an ende jedem lebens, ist jeder mensch vor gott und wird rechenschaft ablegen.
es gibt hoffnung und einen lösung daraus.
alees liebe und alles gute, gottes segen.
bleibt gesund!
liebe grüße
bzw,ich möchte noch erwähnen, die verwirrende und eigenartige beschreibung von maria:
die bibel sagt: sie war die mutter von jesus, es gab das große wunder, eine prophezeihung, schon von jesaja 700 jahre davor angekündigt.
maria-anbetung gibt es nicht in der bibel.
Gott ist nicht weiblich oder Männlich, wir sind Menschen und können nur denken wie Menschen. Gott hat alles erschaffen, er hält und trägt das All und Alees, er ist ewig und ist das Leben und das licht und die wahrheit.
er will jedem vergeben und jeden errettten.
maria sagt beim evangelium, hochzeit zu kana:
höre auf jesus!
das ist das gebot der maria.
viele menschen wiederholen den rosenkranz,
jesus sagt: bete zu gott, zb allein in deinem „kammerl“, sag was in deinem herzen ist. wer den sohn (jesus) ehrt, ehrt gott.
so viele menschen fielen vor jesus auf die knie und beteten Ihn an. er heilt und verkündet gute botschaft.
liebe grüße