Unsere Liebsten: Die Favorites der Redaktion 2022
Die Filmlöwin Redaktion blickt zurück – hier sind in unbestimmter Reihenfolge die Favorites, also die liebsten Filme des Rudels 2022:
THE OTHER SIDE OF THE RIVER von Antonia Kilian
„Es war wichtig, um die Perspektive mit zu erzählen, aus der das gedreht ist. Von einer deutschen, weißen Frau, die als Aktivistin dort hingegangen ist, die lange geblieben ist und viele Fragen hatte an die Situation, an Hala, an das Land, die Geschichte, den Ort. Aber auch um die Geschichte zwischen Hala und mir zu erzählen, weil immer die Frage war, warum Hala ihre Geschichte erzählt. Ich wurde so oft gefragt, ob das Filmemachen ein Katalysator dafür war, dass alles so gekommen ist, wie es im Film zu sehen ist. Das glaube ich nicht, aber ich fand es schon interessant, diese Beziehung zu zeigen.“
Die ganze von Lea geführte Interview findet ihr hier.
KLONDIKE von Maryna Er Gorbach
„Dass Krieg eine zutiefst frauenfeindliche Realität ist, wissen wir nicht erst seit dem Ukraine-Konflikt. Sexualisierte Gewalt als Kriegsmittel, Zwangsarbeit, Todesgefahr – in politischen Extremkonflikten setzen sich oft die widerwärtigsten Ausformungen misogyner Ideologie durch. Maryna Er Gorbachs filmische Widmung – “Dedicated to women.” – nimmt einen Aspekt hiervon in den Fokus, von dem vermutlich weniger in Geschichtsbüchern zu lesen sein wird; die Doppelbelastung aus Mutterschaft und Krieg. “
Die ganze Filmkritik von Sophie B findet ihr hier.
PETITE MAMAN von Céline Sciamma
„Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist von großer Nähe und doch von einer nicht zu überbrückenden Distanz geprägt, die sich aus dem natürlich gegebenen und nicht zu leugnenden Altersunterschied ergibt. Immerhin liegt grundsätzlich eine ganze Generation zwischen den Parteien. Dies anzuerkennen ist mit großem Schmerz verbunden, nämlich der Erkenntnis, dass wir eben aller Sehnsucht nach Symbiose zum Trotz getrennte Entitäten sind. Mama und ich sind nicht eins. Oder auch: Mein Kind ist ein eigener Mensch. Um nicht weniger als diese besondere Form des Abschieds, aber auch des sich neu Begegnens dreht sich Sciammas Film.“
Die ganze Filmkritik von Sophie R. findet ihr hier.
DAS MÄDCHEN MIT DEN GOLDENEN HÄNDEN von Katharina Marie Schubert
„Gudrun, die in einem DDR-Kinderheim aufgewachsen ist und keine Mutter hatte, fällt es schwer, Zugang zu ihrer Tochter zu finden und ihre Gefühle für sie zu zeigen. Genauso fällt es auch Lara schwer, Verständnis für das abweisende Verhalten ihrer Mutter aufzubringen. Katharina Marie Schubert erzählt ihre Geschichte über ein angespanntes Mutter-Tochter-Verhältnis in zurückhaltendem Ton, ohne unnötige Worte oder zu einfache psychologische Erklärungen. Einiges deutet Katharina Marie Schubert nur an und lässt den Zuschauer:innen Raum für eigene Interpretationen.“
Die ganze Filmkritik von Stefanie findet ihr hier.
AFTERSUN von Charlotte Wells
„Aftersun sehen fühlt sich an wie den Brustkorb aufgebrochen und das Herz freigelegt zu bekommen: schmerzhaft und heilsam zugleich. Der Film ist berührend, aufwühlend, schön – und zeigt einen Vater, der behutsam und weich mit seiner Tochter umgeht – jenseits von gegenderten Elternrollen. In einem Medium, das besessen ist von emotional erstarrten Männern, von abwesenden, kalten und strengen Vätern, ist der Film eine kleine Revolution.“
Die Kurzkritik von Theresa zum Film findet ihr hier und hier ein Interview mit Charlotte Wells.
ANIMA – DIE KLEIDER MEINES VATERS von Uli Decker
„Anima erzählt nicht nur die Geschichte eines einzelnen Mannes, sondern wird auch zum Plädoyer für die Aufweichung starrer Geschlechtervorstellungen und für einen ehrlichen Umgang innerhalb der Familie und der Gesellschaft. Denn traditionelle Männlichkeitsbilder sind nicht nur in einer katholischen Erziehung, die von Schuld und Gehorsam getragen wird, präsent, sondern dominieren weitreichende gesellschaftliche Diskurse und Lebensrealitäten. Was ist die Vorstellung von einer rigiden Männlichkeit wert, wenn sie lediglich zu Unterdrückung und Schmerz führt?“
Die ganze Filmkritik von Bianca findet ihr hier.
SONNE von Kurdwin Ayub
„Dieser Film zeigt inhaltlich und ästhetisch, was kulturelle und ästhetische Zeitgeschichte einerseits und Progression im Kino andererseits bedeuten kann, schreitet nach vorne, bejammert die Vergangenheit nicht und erkennt sie ebenso als integralen Bestandteil der Gegenwart an. Autobiografische Elemente, die Eltern als Laiendarsteller:innen und die zu weiten Teilen freie Szenengestaltung lassen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen, so wie auch Identitätszuschreibungen, Herkünfte und Zugehörigkeiten unscharf werden.“
Die ganze Filmkritik von Bianca findet ihr hier.
CALL JANE von Phyllis Nagy
„Exemplarisch greift Call Jane Anfragen ungewollt Schwangerer auf, die sich in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen befinden. Darunter sind Personen, die bereits Kinder haben und keine weiteren möchten, die aus gesundheitlichen Gründen ihre Schwangerschaft beenden müssen, die keinen ausreichenden Zugang oder Wissen über Verhütungsmethoden haben. Auf diese Weise macht der Film sichtbar, dass es ganz unterschiedliche Gründe für den Abbruch einer Schwangerschaft geben kann und dass jeder davon legitim ist.“
Die ganze Filmkritik von Lea findet ihr hier.
DIE BALLADE VON DER WeißEN KUH von Maryam Moghaddam und Betas Sanaeeha
„Es ist ein unglaublich schweres Schicksal, das die Protagonistin ereilt, doch keinen Moment zweifeln wir an der emotionalen Stärke und dem Überlebenswillen dieser Frau als Witwe, als alleinerziehende Mutter, als Kämpferin in einem diskriminierenden System, dem sie zum Opfer fällt, dabei aber nicht passiv und ohne agency bleibt. Moghaddamund Sanaeeha stellen zwar dar, welche toxischen Mechanismen eines rigiden patriarchalen Systems das Leben von Mina noch erschweren, präsentieren ihre Protagonistin dabei aber keine Sekunde eindimensional als Opfer eines bekanntermaßen misogynen Systems.“
Die ganze Filmkritik von Bianca findet ihr hier.
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