Interview: Marie Kreutzer über Corsage

In Corsage widmet sich Marie Kreutzer einer der wohl bekanntesten historischen Persönlichkeiten Österreichs, um deren Leben sich Legenden ranken: Kaiserin Elisabeth. Der neue Spielfilm der österreichischen Filmemacherin zeichnet, beginnend mit Elisabeths 40. Geburtstag, ein komplexes Bild der Kaiserin, die sich zunehmend gegen ihre einengende Rolle bei Hofe und die an sie gestellten Erwartungen auflehnt. Im Interview mit FILMLÖWIN spricht Marie Kreutzer über die Faszination Elisabeth, die Arbeit an ihrem ersten Historienfilm und patriarchale Strukturen in Corsage und der Filmbranche allgemein.

Marie Kreutzer sitzt, leicht zurückgelehnt, auf Treppenstufen

© Pamela Rußmann

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Kaiserin Elisabeth ist in Österreich aus keinem Souvenirshop wegzudenken und dem deutschen Fernsehpublikum z.B. durch Ernst Marischkas Sissi-Filme bekannt, die alljährlich zu Weihnachten im Fernsehen laufen. Was hat dich daran gereizt, deinen eigenen Film über Elisabeth – insbesondere die 40-jährige Elisabeth –  zu machen?

Das Alter war von Anfang an ungefähr klar, weil ich den Film mit Vicky [Krieps] machen wollte. Bei der Recherche war ich dann überrascht, wie wenig man über diese Phase in Elisabeths Leben weiß. Man weiß, wie sie Kaiserin wurde, wie sie gestorben ist, aber dazwischen wusste ich nicht viel außer ein paar Gerüchten und Klischees. Mein Eindruck war, dass in dieser Zeit ihres Lebens etwas gekippt ist. Etwas, was, glaube ich, immer da war – ihr Widerstand gegen die Rolle als Kaiserin und ihr Unwohlsein darin –, das sie aber als jüngere Frau noch nicht verbalisieren konnte, gegen das aufzulehnen sie sich noch nicht getraut hätte. Aus den verschiedenen Quellen wird deutlich, dass das in diesem Alter nicht mehr ging; dass sie da versucht hat, auf viele Arten im Kleinen zu rebellieren und ihre Grenzen zu erweitern: durch den extremen Sport, das Reisen, das Sich-Entziehen zu so vielen Gelegenheiten wie möglich. Das fand ich spannend, weil ich das Gefühl hatte, das ist etwas, womit man sich, obwohl es hier um eine Kaiserin geht, durchaus identifizieren kann: damit, dass eine Frau die hohen Erwartungen, die immer an sie gestellt werden, und die ja vor allem darin bestehen zu gefallen, nicht mehr erfüllen will.

Die historische Elisabeth ist über die Jahre zum Mythos geworden und unterscheidet sich teilweise stark von ihrer medialen Darstellung, z.B. in Ernst Marischkas Filmen. Wie würdest du „deine“ Elisabeth beschreiben? Wie nah ist sie an der echten Kaiserin?

Das weiß ich natürlich nicht, aber für mich war es wichtig, den Eindruck, den ich durch die Recherche gewonnen hatte, zu bebildern; eine Geschichte zu finden, die das erzählt, was ich gelesen habe – natürlich mit viel Fiktion und vielen eigenen Ideen gefüllt. Und was ich gelesen habe, was Elisabeth für mich ist und was sie auch im Film ist, ist eine sehr widersprüchliche, komplexe, kluge, aber auch melancholische Frau. Eine Frau, die sehr emotional ist, das aber nicht zeigen darf, die sehr mit sich und ihren Gefühlen kämpft, und die in Vielem etwas sehr Widerständiges hat. Das war dann letztlich auch der Reiz, diesen Widerstand zu zeigen. Es war mir extrem wichtig, das Empowerment zu zeigen, das Elisabeth im Laufe dieser Geschichte gewinnt, auch schon im Trailer, damit man versteht, es geht hier nicht um eine arme, traurige Kaiserin.

Kaiserin Elisabeth (Vicky Krieps) schaut ernst in die Kamera

© Robert Brandstätter

In Film und Fernsehen erlebt Elisabeth gerade eine kleine Renaissance: Gleich zwei Serien und ein weiterer Kinofilm wurden bzw. werden über sie gedreht. Was glaubst du, warum ist das Interesse an der Person Elisabeth ungebrochen?

Ich glaub, dass alle diese schönen, tragischen Frauenfiguren – Elisabeth, Lady Diana, Jacky Kennedy, Marilyn Monroe usw. – immer einen gewissen Zauber behalten und auch eine Projektionsfläche bieten, in die man alles Mögliche reinfüllen kann, was einen interessiert. Dass das mit Elisabeth gerade jetzt passiert, ist wirklich überraschend, denn es gibt kein Jubiläum oder irgendeinen äußeren Anlass dafür. Als ich in der Finanzierung war, kamen nach und nach die Infos, wer noch alles etwas zu Elisabeth macht, und die Produktion macht sich da natürlich sofort Gedanken: „Oh Gott, diese Förderung haben wir noch nicht, wenn die anderen da schneller sind….“ Keine Förderstelle fördert zwei Sissi-Stoffe. Ich habe mich davon aber eigentlich nie bedroht gefühlt. Ich fand es interessant, weil sich diese Projekte ja auch durchaus ergänzen können. Ich glaube, wenn man sich für Elisabeth interessiert, wird man sich sowieso alles anschauen; das tue ich auch.

In anderen Interviews hast du berichtet, dass die Idee zu einem Film über Elisabeth von Hauptdarstellerin Vicky Krieps kam, und vorhin hast du erwähnt, dass du den Film von Anfang an mit ihr drehen wolltest. Was macht sie in deinen Augen zu der perfekten Elisabeth?

Ich glaube, dass Vicky jede Rolle spielen könnte. Sie ist eine tolle Mischung aus immer sie selbst und sehr, sehr wandelbar. Ich fand es reizvoll, dass sie schon rein physisch sehr gut zu der Rolle passt. Sie ist ziemlich genau so groß wie Elisabeth, was damals sehr groß war, und hat diese schlanke und sehr athletische Figur, genau so, wie Elisabeth beschrieben wurde. Vicky ist auch wahnsinnig vielseitig, vereint viel in sich und hat etwas Unberechenbares als Schauspielerin. Das macht es sehr reizvoll, weil ich hinter der Kamera auch nicht weiß, was sie im nächsten Moment sagen wird, wie sie es sagen wird. Eine Anekdote vom Set ist zum Beispiel, dass sie in einer Szene wirklich aus dem Fenster gesprungen ist. Das ist Vicky und das schätze ich so an ihr als Schauspielerin. Dass sie so unberechenbar ist, passt auch gut zu der Rolle, wie ich sie mir vorgestellt habe.

Das heißt die Szene im Film, in der Elisabeth aus dem Fenster springt, war ein spontaner Einfall?

Es gibt im Drehbuch schon eine Szene, wo Elisabeth aus dem Fenster springt. Die haben wir auch gedreht, was sehr aufwändig war, ohne Stuntperson und mit allen möglichen Sicherheitsvorkehrungen, weil Vicky selber gesprungen ist. Diese Szene ist aber nicht im Film, sondern die, in der Vicky spontan gesprungen ist. Wir hatten das Glück, dass wir in der Handlung daran anschließen konnten, weil sie es ja sowieso gemacht hätte im Laufe der Geschichte und es in der Handlung auch weiter eine Rolle spielt.

Elisabeth (Vicky Krieps) schneidet sich ihre langen Haare ab

© Film-AG_Alamode Film

In einem Instagram-Post hast du geschrieben, dass es in Corsage nicht nur um Frauen, sondern auch um Männer und ihre komplizierte Rolle im Patriarchat geht. Kannst du das näher erläutern?

Ich finde, dass die Männer auch alle irgendwie in einem Korsett leben. Sie hatten natürlich wesentlich mehr Freiheiten, wie Männer auch jetzt mehr Freiheiten haben, aber gleichzeitig gab es auch sehr hohe Anforderungen an jemanden, der Kaiser, Thronfolger oder König war, z.B. sehr maskulin zu sein oder Führungsqualitäten zu haben. Kronprinz Rudolf hatte z.B. viele Jahre lang einen Erzieher, der ihn gequält hat, um ihn besonders „männlich“ zu machen. Er wurde mitten in der Nacht mit Schüssen geweckt, musste Nächte allein im Wald verbringen. Das alles sollte der Abhärtung dienen. Er war aber ein sehr sensibler Junge und hat das ganz schlecht verwunden. Diese Geschichte fand ich sehr interessant und berührend, und sie ist beispielhaft dafür, was man auch als Mann für Druck hatte, die Erwartungen an die eigene Rolle zu erfüllen.

Bei den Männerfiguren in Corsage kann man auch schön sehen, wie sie alle sehr unterschiedlich damit umgehen: Franz Joseph, der versucht, es in jedem Detail richtig zu machen, und dabei nicht immer Erfolg hat. Sein Sohn Rudolf, der sich dem einerseits unterworfen hat und nachgibt, gleichzeitig aber auch sehr kritisch ist, auch monarchiekritisch. Und dann auch König Ludwig von Bayern, der sich letztlich das Leben genommen hat – ein Mann, der zutiefst unglücklich war mit seiner Rolle, die er nicht erfüllen konnte, wie es von ihm erwartet wurde.

Kaiser Franz Joseph (Florian Teichmeister) sitzt an einer gedeckten Tafel und schaut angespannt nach unten auf den Tisch.

© Felix Vratny_Alamode Film

Corsage ist dein erster Historienfilm. Welchen Reiz — und welche Herausforderungen — birgt die Arbeit mit historischen Stoffen?

Das Setting war eher dem Thema geschuldet. Ich wollte eigentlich nie einen historischen Film machen, weil ich finde, dass die oft nicht gelingen – vor allem, weil sie mit dem geringen Budget, das man hierzulande im Vergleich zu großen Hollywoodproduktionen hat, auch oft ein bisschen cheesy ausschauen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie man damit umgehen kann. Mir war von vornherein klar, ich will das nicht klassisch erzählen und auch nicht versuchen diesen Look herzustellen, sondern alles sehr, sehr viel schlichter erzählen, mich auf die Figuren konzentrieren. Im Kostüm ging es z.B. mehr um die Silhouette der Figuren als um Prunk und, was den meisten nicht auffällt: Außer Elisabeth haben alle nur ein Kostüm. Ich wollte alles sehr schlicht halten, weil ich eine Qualität erreichen wollte, die nur mit Schlichtheit möglich war. Je mehr man will, desto weniger kann man für das Einzelne ausgeben. Ansonsten gab es in meiner Arbeit eigentlich keinen großen Unterschied zu sonst, weil man ja auch sonst über jedes Detail spricht, jedes Kostüm aussucht, jeden Sessel bespricht. Der größte Unterschied für meine Arbeit war einfach die Größenordnung, budgetär, aber auch vom Team her, mit vier Produktionsfirmen statt einer.

An einigen Stellen ist Corsage bewusst anachronistisch, z.B. in der Wahl der Musik oder Details in der Ausstattung. Warum hast du dich für solche bewussten Brüche mit dem historischen Setting entschieden?

Die Musik war der erste dieser Brüche, die war schon im Drehbuch. Da kam dann manchmal die Frage: „Wie willst du damit umgehen? Ist das ernst gemeint?“ Ich musste mir relativ früh überlegen, wie ich da argumentiere und wie man diese Musik in die Handlung einbettet. Das Motto war sozusagen immer: So, als hätte es das so schon gegeben haben können. Das hat sich dann auch durchgezogen bei Kostüm und Ausstattung. Wir haben z.B. angefangen Möbel anzuschauen, die mir alle zu pompös waren. Dann haben wir nebenbei erfahren, dass die Konferenzstühle bei Franz Joseph gar nicht diese pompösen waren, die jetzt dort in den Räumen stehen, sondern ganz schlichte Holzstühle. Dann habe ich gesagt: „Die will ich.“

Davon ausgehend haben wir dann immer das Schlichteste gesucht und oft gab es das erst 20 Jahre später. Das heißt, wir haben uns sozusagen immer ein bisschen in die Zukunft orientiert und immer wieder Sachen eingebaut, bei denen wir uns dachten: „Kann ja sein; vielleicht gab es den ersten Staubsauger schon.“ Da haben wir dann natürlich keinen modernen genommen, sondern z.B. einen aus den 1930ern. Es gibt einen wirklichen Bruch, da stand ein Putzeimer vom Set Dresser und ich habe gesagt: „Lassen wir den stehen.“ Alles andere ist nicht von heute, sondern von 1930, 40, 50… Die Idee war, dass man das immer so verwendet, als wäre es schon möglich gewesen.

Kaiserin Elisabeth (Vicky Krieps) sitzt mit einem schwarzen Schleier vor dem Gesicht an einer langen Tafel, flankiert von ihrem Sohn Rudolf (Aaron Friesz) und Gräfin Marie Festetics (Katharina Lorenz).

© Film-AG_Alamode-Film

Klassische Filmmusik gibt es in Corsage nicht, und auch der Soundtrack enthält nur wenige Lieder. Dafür ist z.B. der Song She Was von Camille mehrmals zu hören. Welche Bedeutung hat diese Musikwahl für Corsage?

Ich mag keine klassischen Scores und hatte auch noch nie einen. Bei meinem letzten Kinofilm hatte ich zum ersten Mal überhaupt einen Komponisten; das war aber auch eher elektronische Musik. Eigentlich habe ich am liebsten Songs. Bei Corsage war klar, dass aus Koproduktionsgründen eine Französin die Filmmusik machen muss. Mein Musikberater hat Camille vorgeschlagen und ich finde sie schon lange toll. Während noch nicht klar war, ob sie das zeitlich schaffen und was sie für den Film machen wird, habe ich das Lied She Was von 2011 gefunden und fand, das ist eigentlich schon genau das Lied, das ich will; das ist einfach Elisabeths Lied. Sie hat dann für uns einige Remixe und andere Versionen aufgenommen, die in verschiedenen Teilen des Films vorkommen, hatte dann letztlich also doch sehr viel Arbeit mit einem eigentlich schon bestehenden Song. Aber da war ich sehr, sehr glücklich, den gefunden zu haben und sie dabeizuhaben. She Was wurde dann sozusagen das Thema des Films, deswegen kommt es auch immer wieder in verschiedenen Varianten vor.

Am Anfang, als der Song das erste Mal gespielt wurde, dachte ich, das sei der Score, wegen der Streicher darin.

Ja, das war auch der Reiz, dass auch die Instrumente so sind, dass man sich denkt, das könnte auch von damals sein. Da ist kein modernes Instrument dabei.

In Corsage arbeitest du wieder mit deiner „Stamm-Editorin“ Ulrike Kofler zusammen. Statt deiner „Stamm-Kamerafrau“ Leena Koppe ist Judith Kaufmann dabei. Arbeitest du bewusst bevorzugt mit Frauen, z.B. weil sie eine andere Perspektive auf bestimmte Stoffe haben?

Das glaube ich eher weniger, dass Frauen das anders sehen, aber ich habe immer mit Leena Koppe gearbeitet und als klar war, ich werde aus Koproduktiongründen mit einer deutschen Kameraperson arbeiten, habe ich sie nach einer Empfehlung gefragt. Ich habe gar nicht bewusst nach einer deutschen Kamerafrau gesucht, aber Leena hat mir Judith empfohlen. Das war auch die Einzige, die ich getroffen habe; es war sofort sozusagen Liebe auf den ersten Blick. Letztlich hat es aber trotzdem einen Reiz, mit einer Kamerafrau zu arbeiten, weil am Filmset immer mehr Männer arbeiten, gerade im Kamera-Department und im Licht-Department, das auch der Kamera unterstellt ist. Es gibt sehr wenige Beleuchterinnen, Kamera-Assistentinnen, etc. Ich find, es hat einen Reiz, dass da dann eine Frau steht und 20 Männer rumkommandiert, das muss ich ehrlich sagen, das freut mich immer wieder. Das ist vielleicht auch ein Grund, das so beizubehalten. (lacht)

Kaiserin Elisabeth (Vicky Krieps) und Marie Festetics (Katharina Lorenz)

© Ricardo Vaz Palma_Alamode Film

Corsage wurde bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes in der Reihe Un Certain Regard gezeigt –  sicher eine große Ehre. Auf Instagram hast du jedoch auch davon gesprochen, dass es in Cannes nicht nur um Qualität sondern auch um Politik geht, dass dort auch patriarchalische Strukturen herrschen. Kannst du mehr dazu sagen?

Ich glaube, ich habe gar nicht Cannes speziell gemeint, sondern die Filmwelt allgemein. Es ging vor allem darum, wie man überhaupt für so einen Platz ausgewählt wird, und es ist nun einmal so – das sagen dir alle Zahlen –, dass Frauen es schwerer haben, zu so großen Filmen zu kommen; überhaupt zu solchen Budgets, und dann im nächsten Schritt zu so großen Festivals. Cannes ist da ein klassisches Beispiel. Bis vor ein paar Jahren gab es noch Jahre, in denen nur Männer im Wettbewerb waren. Und das ist, glaube ich, wie ganz oft im Patriarchat, keine bewusste, böse Entscheidung der Männer, sondern das sind gewachsene Strukturen, das ist Sozialisation und der Blick auf bestimmte Dinge. Ein Mann, der Filme auswählt, interessiert sich für andere Dinge als eine Frau, die Filme auswählt. Das sind alles Aspekte, die zusammenspielen und dazu führen, dass auf so einem Festival viel weniger Filme von Frauen zu sehen sind.

Was ich damit sagen wollte, war, dass es auch ganz oft mit Glück zu tun hat, ob man Erfolg hat oder nicht, wo man hinkommt mit seinen Arbeiten oder nicht. Glück, dass man gerade ein Thema und einen Moment erwischt, wo das jemanden interessiert. Mein erster Film war z.B. im Berlinale Panorama Spezial und da hat mir dann der Intendant vom Panorama bei einem Abendessen erzählt, dass er selber in einer Kommune war, und in dem Film ging es um Kinder aus einer Kommune. Man muss das dann auch einfach einordnen, man trifft gerade einen Nerv bei jemandem. Wir sind auch alle Menschen. Keine Auswahlkommission, keine Jury ist objektiv.

Mein letzter Film, Der Boden unter den Füßen, der es bei Festivals und auch bei vielen Journalist:innen schwer hatte, der hat z.B. nicht so ein Thema erwischt. Da geht es um eine Karrieristin, die eine psychisch kranke Schwester hat, die sie sozusagen am Funktionieren hindert, und viele wollen nichts über Psychiatrie sehen und finden eine Frau, die nur an ihre Karriere denkt, sofort unsympathisch. Bei diesem Film habe ich ganz stark gemerkt, wenn das jetzt ein Mann wäre, würde dieser Film ganz anders wahrgenommen werden.

Kaiserin Elisabeth (Vicky Krieps) raucht eine Zigarette

© Ricardo Vaz Palma_Alamode Film

Könntest du dir vorstellen, nochmal einen Film über eine historische Persönlichkeit zu machen? Falls ja, wer würde dich interessieren?

Es gibt immer wieder Leute, die mich interessieren. Vielleicht jemand Unbekannteres. Das hat dann weniger Glamour als Elisabeth, aber ich finde es immer wieder faszinierend, wenn ich z.B. einen Artikel lese oder ein Buch rauskommt über eine Person, die viel bewirkt und Wichtiges geleistet hat, von der aber nichts in den Geschichtsbüchern steht. Louis Le Prince, der Kameramann, den ich in Corsage zeige, war so eine Figur. Vor den Brüdern Lumière, die mit der Kamera berühmt geworden sind, hat er schon so eine Maschine gebaut und Bewegtbilder aufgenommen, aber er hatte nicht das Glück, den Durchbruch zu schaffen und in den Filmgeschichtsbüchern anzukommen. Obwohl ich Film studiert habe und Filmgeschichte-Vorlesungen hatte, wusste ich nicht, dass es ihn gab. Den fand ich so spannend, dass ich ihn in den Film reinreklamiert habe.

Wir sind auf jeden Fall schon gespannt auf deine zukünftigen Projekte. Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Gespräch genommen hast!

Corsage ist seit dem 7. Juli 2022 im Kino zu sehen.

Charlie Hain