How to Have Sex – Kurzkritik

CN: Dieser Film und der Text darüber thematisieren S*xualisierte Gewalt (Kontakt Hilfetelefon)

Urlaub ohne Eltern: Tara (Mia McKenna-Bruce), Skye (Lara Peake) und Em (Enva Lewis) wollen es im Party-Ort Malia auf Kreta so richtig krachen lassen, feiern ohne Ende und jede Menge Sex haben. Während Skye bereits über erste Erfahrungen verfügt und Em auf Frauen steht, fühlt sich Tara unter Druck, in diesem Urlaub erstmalig mit einem Jungen zu schlafen. Da kommt die Bekanntschaft mit ihren Hotel-Nachbarn Badger (Shaun Thomas) und Paddy (Samuel Bottomley) gerade Recht. Einige Alkoholexzesse später landet Tara tatsächlich in den Armen eines jungen Mannes – nur ist alles anders als sie sich das vorgestellt hat.

© Capelight / Nikolopoulos Nikos

Debut-Regisseurin Molly Manning Walker nimmt uns in ihrem Film mit in ein rauschhaftes Party-Erlebnis. Indem sie eine große Nähe zu ihrer Hauptfigur Tara erschafft, lädt die Regisseurin dazu ein h trotz eventuellen Altersunterschieds mit den aufgedrehten jungen Frauen zu sympathisieren. So kommt es, dass wir uns als Zuschauer*innen zu Beginn nostalgisch in unsere eigenen Partyjahre zurück sehnen können, uns dann aber gemeinsam mit Tara im wilden Treiben mehr und mehr fremd fühlen werden. Es ist beeindruckend, wie subtil Manning Walker die Erfahrungswelt ihrer Figur vermittelt: Fast unmerklich treten wir in ihren Kosmos ein.

Das Erlebnis sexualisierter Gewalt, das den Wendepunkt der Geschichte darstellt, ist zunächst gefährlich ambivalent inszeniert, doch ist diese Ambivalenz eben jener gerade beschriebenen Nähe zur Figur geschuldet. Denn gemeinsam mit Tara muss auch das Kinopublikum erst langsam verstehen, wo die Grenze zwischen Konsens und Gewalt verläuft. So entwickelt How to Have Sex im Verlauf der Handlung immer mehr Intensität, wird vom berauschenden Partyexzess zum Coming of Age Drama.

Doch auch in seinen dramatischen Anteilen – und das ist eine große Stärke des Films – vermeidet How to Have Sex den Opferdiskurs, schiebt Tara nicht in die Ecke einer passiven Figur, deren Leid er zur Befriedigung unseres Voyeurismus ausstellt. Molly Manning Walker interessiert sich vor allem für die Dynamik unter den jungen Menschen – in der Party-Metropole Malia allgemein, und der Mädchenclique ebenso wie zwischen den männlichen Teenagern im Speziellen. Hierbei verpasst sie leider die Chance, letztere mehr in die Pflicht zu nehmen und die Frage danach zu formulieren, wie Männer einander freundschaftlich infrage stellen können, wenn sie am geschätzten Gegenüber übergriffiges Verhalten beobachten. Gleichzeitig aber schöpft die Regisseurin aus dem Moment weiblichen Bondings ein ermächtigendes Ende, das ohne die Ereignisse zu verharmlosen für Tara und alle Menschen, die sich mit ihr identifizieren, eine positive Perspektive aufzeigt.

Kinostart: 7. Dezember 2023

Sophie Charlotte Rieger
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