DOK Leipzig 2023: Schreit es raus!

In der Kompilation Schreit es raus! zeigt das DOK Leipzig zwei Kurzfilme aus dem Deutschen Wettbewerb Dokumentarfilm, die stereotype Bilder von FLINTA hinterfragen und daraus ausbrechen: getty abortions von Franzis Kabisch und Clown*esses von Jana Rothe.

© DOK Leipzig 2023 / getty abortions, Franzis Kabisch

getty abortions ist ein Desktop Video Essay, der die mediale Darstellung von Schwangerschaftsabbrüchen hinterfragt. In der deutschsprachigen Berichterstattung dominieren Bilder mit zurückhaltender Farbgebung, Symbolbilder von Schwangerschaftstests, Embryonen oder medizinischen Instrumenten sowie Fotos von Frauen. Die Stockfoto-Frauen sind isoliert, sie haben keine Gesellschaft, keine Hintergründe und keine Gesichter. Anhand ihrer eigene Erfahrung mit einer ungewollten Schwangerschaft und Abtreibung erzählt Franzis Kabisch, wie wenig diese Bilder mit der Realität zu tun haben.

Kabisch forscht nach dem Ursprung dieser einseitigen Darstellung. Dabei geht sie über ihre eigene Teenagerzeit in den 2000ern zurück ins 19. Jahrhundert, betrachtet (anti-)feministische Diskurse und deckt auf, wie sehr Bilder unsere Wahrnehmung prägen. Präzise entlarvt sie die stigmatisierende Inszenierung von Abtreibungen. Die Bildsprache drückt aus, welche Gefühle gesellschaftlich akzeptiert sind und gibt ungewollt Schwangeren ein emotionales Skript vor, das Verzweiflung, Trauer und Scham beinhaltet. getty abortions fordert dazu auf, die Schlagworte zu überdenken, in denen wir Abtreibung denken.

© DOK Leipzig 2023 / Clown*esses, Jana Rothe

Clown*esses stellt das subversive Potential der Clownerie heraus, Regeln zu brechen und Grenzen zu überwinden. Jana Rothe porträtiert zwei Künstler*innen, die gesellschaftliche Normen herausfordern und mit Identitäten spielen.

Als Clown*innen veralbern und kritisieren Gözde und Lokke Geschlechterklischees und Unterdrückung. Sie führen ihrem Publikum die Absurdität der vermeintlichen Normalität vor Augen. Ihre Performances sind komisch und unterhaltsam, aber nicht immer zum Lachen. Mitunter verarbeiten sie darin eigene Erfahrungen mit Polizeigewalt, indem sie einen Polizisten als Bühnencharakter der Lächerlichkeit preisgeben. 

Die Clownerie ermöglicht einen Ausbruch aus gesellschaftlich teils gewaltvoll aufgezwungenen Rollen und Verhaltensweisen. Die Clown*innen entziehen sich Zuschreibungen und verweigern eine Festlegung. Sie schaffen Räume, in denen sie sich selbst finden können und den Mut finden, dieses Selbst Stück für Stück auch im Alltag zu leben. Sie sind Trickster, die das Patriarchat an der Clown*innen-Nase herumführen.

Beide Filme hatten ihre Weltpremiere beim DOK Leipzig und sind für die Goldene Taube Kurzfilm im Deutschen Wettbewerb Dokumentarfilm nominiert.

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