Cat Person – Kurzkritik

CN: Dieser Film und der Text darüber thematisieren S*xualisierte Gewalt (Kontakt Hilfetelefon)

Die selbstbewusste 20-jährige Studentin Margot (Emilia Jones) trifft bei ihrem Nebenjob im Kino auf den über zehn Jahre älteren, aber recht stoffeligen Robert (Nicholas Braun). Im Zuge eines intensiven Austauschs via Kurznachrichten lernt sie ihn als witzigen, fürsorglichen Katzenliebhaber kennen und beschließt daher trotz Warnungen ihrer Mitbewohnerin Taylor (​​Geraldine Viswanathan) mit ihm auf ein Date zu gehen. Nicht mal ein gänzlich misslungener Kuss kann sie davon abhalten, mit ihm nach Hause zu fahren. Kurz bevor es im Schlafzimmer zur Sache gehen soll, kommen Margot schließlich Zweifel. Doch kann sie jetzt noch Stopp sagen oder ist es dafür nicht schon viel zu spät?

Cat Person basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Kristen Roupenian, die 2017 im New Yorker erschien, internationale Verbreitung fand und insbesondere im Internet ausgiebig diskutiert wurde. Viele Menschen, insbesondere Frauen, konnten sich mit Margot identifizieren, andere, insbesondere Männer, waren von den in der Geschichte aufgeworfenen Fragen zu Consent verunsichert.  

Der filmischen Adaption von Regisseurin Susanna Fogel und Michelle Ashford gelingt es in den ersten zwei Dritteln Rape Culture als Kontext der Handlung zu etablieren und das komplexe und changierende Machtungleichgewicht zwischen Margot und Robert zu transportieren. Ein regelrechter Geniestreich ist die Inszenierung des schon in der literarischen Vorlage als grauenhaft beschriebenen Kusses. 

Im letzten Drittel jedoch weicht die Adaption stark von der Vorlage ab, was ihr zum Verhängnis wird. In dem Versuch, so begründet Fogel diese Entscheidung, auch ein männliches Publikum für die Geschichte zu gewinnen, leidet gerade jene Subtilität, die die Geschichte einst zum idealen Ausgangspunkt für produktive Diskussionen machte. Schauwerte scheinen nun wichtiger als inhaltliche Konsistenz. Ein empathischer Zugang zu Robert dient als Türöffner für das männliche Publikum und droht dabei jeglichen Wissensgewinn über Consent unter den Trümmern des actionreichen Finales zu begraben.

Insgesamt ist Cat Person anders als die Vorlage in der Vermittlung feministischer Positionen und Lebensrealitäten von FLINTA unangenehm platt und pädagogisch. Als größtes Problem erweist sich in diesem Kontext die Figur der Taylor, die als feministisch-moralische Stimme fungiert, dabei aber derart unsympathisch verbissen auftritt, dass sie wie eine maskulinistische Karikatur der “militanten Femanze” wirkt. 

Daher das klare Votum: Lieber die Kurzgeschichte lesen!

Kinostart: 16. November 2023

Sophie Charlotte Rieger
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