Berlinale 2024: Teaches of Peaches
„Suckin‘ on my titties like you wanted me
Callin‘ me, all the time, like Blondie
Check out my Chrissie behind
It’s fine all of the time
Like Sex on the Beaches
What else is in the Teaches of Peaches?“
Mit Texten wie diesen und einer Bühnenperformance, die von weiblicher sexueller Selbstbestimmung nur so trieft, wurde Peaches zum musikalischen Idol einer ganzen queeren und feministischen Generation. Mit dem Dokumentarfilm Teaches of Peaches setzt das Regie-Duo Philipp Fussenegger und Judy Landkammer der Performerin ein verdientes Denkmal, begleitet ihre gleichnamige Anniversary Tour und erzählt die Geschichte vom Werdegang einer jungen kanadischen Musiklehrerin namens Merrill Nisker.
Aus aktuellen Konzertaufnahmen sowie Archivmaterial von Performances und früheren Interviews sowie der Begleitung von Peaches und ihrem Team bei den Vorbereitungen für die Teaches of Peaches Anniversary Tour montiert Judy Landkammer ein betörendes audiovisuelles Kinoerlebnis. Denn auch wenn der Film reich an Interviewmaterial ist, das die Entwicklung von Merrill Nisker zu Peaches beschreibt, ist es doch vor allem die Musik und deren Bühnendarbietung, die seinen Grundtenor bilden. Geschickt kombiniert Landkammerder die Bilder der Anniversary Tour sowohl mit früheren Konzerten als auch mit dem Interviewmaterial, um einerseits eine chronologische Biographie, andererseits aber auch eine Art thematisches Gesamtbild der feministischen Ikone zu zeichnen.
Dabei liegt der Fokus klar auf der Bühnenfigur Peaches. Fussenegger und Landkammerder sehen respektvoll davon ab, die Geschichte von Merrill Nisker bis in ihre Kindheit oder Jugend zurückzuverfolgen. Insbesondere in den Gesprächen mit Peaches‘ Mitstreiter*innen deutet sich zwar ein vages Bild der privaten Person hinter der Performerin an, doch zeigt der Film keine Versuche, diese Einblicke aktiv zu vertiefen: relevant ist, was Niskers professionellen Werdegang betrifft. Dass Peaches diese Grenze selbst einfordert, macht das Regieduo in einer Szene transparent, in der die Musikerin Fusseneggers Frage nach ihrem persönlichen Verhältnis zum Thema Abtreibung als unangemessen zurückweist. Zumindest in diesem Moment des Films, und vermutlich auch in vielen anderen, behält die Protagonistin die Macht über ihre Geschichte.
Alles andere wäre auch ebenso unangemessen wie absurd, steht Peaches doch auf verschiedenen Ebenen für weibliche und queere Selbstbestimmung. Mit ihren 56 Jahren strahlt die Musikerin noch immer eine inspirierende Freude an der Selbstinszenierung aus, Mut zu Lautstärke und Raumeinnahme. Vielleicht beeindruckt die zeitgenössische Peaches in dieser Hinsicht sogar noch mehr als ihre jüngere Version, stellt sie doch mit der Zurschaustellung ihres gealterten Körpers weitere Schönheitsnormen infrage.
Teaches of Peaches ist ein Film, der unterhält, mit einer Protagonistin, die beeindruckt. Es ist ein Film, der die große Kinoleinwand mit seinen Bildern ebenso zu füllen versteht wie den Zuschauer*innenraum mit Emotionen. Wer noch nie auf einem Peaches-Konzert gewesen ist, di*er möchte das nun unbedingt nachholen, und wer schon einmal da war… nun, di*er will unbedingt noch einmal hin. Schade, dass sich Peaches ganz am Ende als zufriedene Katzen-Lady outet, deren Bühnenkarriere in der Vergangenheit zu liegen scheint. Ein Glück haben uns Philipp Fussenegger und Judy Landkammer einen Film geschenkt, der uns die Reise in diese Vergangenheit fortan jederzeit ermöglicht.
„Suckin‘ on my titties like you wanted me
Callin‘ me, all the time, like Blondie
Check out my Chrissie behind
It’s fine all of the time
Like Sex on the Beaches
What else is in the Teaches of Peaches?“
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