Berlinale 2024: My Stolen Planet – Kurzkritik

My Stolen Planet erzählt die Geschichte vom Alltagsleben, von Widerständen und Widersprüchlichkeiten in einem repressiven System. Die iranische Filmemacherin Farahnaz Sharifi kommt im Jahr der Islamischen Revolution zur Welt. An ihrem Geburtstag, dem 8. März 1979, gehen Frauen im Iran auf die Straße, um gegen den Zugriff der neu gegründeten Islamischen Republik auf die Körper und das Leben von Frauen zu protestieren. Ein Protest, der seitdem anhält und nach der Ermordung von Jina Masha Amini durch die iranische Sittenpolitzei im September 2022 neue Kraft gewann. Mit eigenen Aufnahmen und found footage vollzieht Farahnaz Sharifi die Entwicklung des Irans nach und stellt dabei die Bedeutung der Erinnerung heraus.___STEADY_PAYWALL___

© Farahnaz Sharifi

Schon als Kind erlebt Farahnaz Sharifi den Alltag im Iran getrennt in ein privates und ein öffentliches Leben, die so weit voneinander entfernt liegen, wie zwei unterschiedliche Planeten. Auf ihrem Heimatplaneten im Kreis von Familie und Freund*innen kann sie tanzen, singen, lachen und weitestgehend frei von den zahlreichen Einschränkungen und Repressionen des Regimes leben.

Sie entwickelt eine Faszination für private Aufnahmen, die eine Realität des Irans abbilden, welche die Machthaber gewaltsam zu unterdrücken versuchen. Super 8 Videos von Geburtstagsfeiern und Familienurlauben werden zum Beleg für Verstöße gegen das Verbot von Tanzen, Trinken, weiblichen Stimmen, unverschleierten Frauen. Sie bewahren die Erinnerung daran, dass es eine Alternative zur bestehenden islamistischen Ordnung gibt. Sharaifi sammelt die Aufnahmen von Unbekannten, um sie vor dem erzwungenen kollektiven Vergessen zu bewahren.

© Farahnaz Sharifi

Private Aufnahmen haben die Macht, die Deutungshoheit politischer Machthaber zu brechen. Das Aufkommen von Handykameras ermöglicht, Momente der Freude und des Widerstands festzuhalten und Missstände zu dokumentieren. Bilder von Demonstrationen erreichen Menschen auf der ganzen Welt. My Stolen Planet bringt auch den alltäglichen Protest, das Tanzen und die Stimmen der Frauen in die Öffentlichkeit.

My Stolen Planet thematisiert außerdem, wie schmerzhaft der Verlust des privaten Archivs – wie Farahnaz Sharifi die Aufnahmen nennt – ist. Menschen, die aus dem Iran fliehen, können oft nur einen kleinen Teil davon retten. Viele werden bei Hausdurchsuchungen und Festnahmen zerstört. Eine Erfahrung, die auch Farahnaz Sharifi teilt, und die die Notwendigkeit ihres Kampfes um ihre eigenen Erinnerungen, ihre Geschichte, ihren Planeten bekräftigt.

Vorstellungen von My Stolen Planet auf der Berlinale 2024

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