Berlinale 2020: White Riot

Der Dokumentarfilm White Riot portraitiert Rock against Racism. Aus der Empörung über steigende Zustimmung für rechte Positionen in Großbritannien auch unter bekannten Musikern, sowie dem Wunsch ein starkes Zeichen gegen Rassismus zu setzen, entstand 1976 zunächst die Idee für ein Konzert, bei dem weiße Musiker:innen gemeinsam mit POC auftreten. Daraus entstand eine Bewegung, die insbesondere gegen die faschistische National Front in ganz Großbritannien mobilisierte.

© Ray Stevenson

Rubika Shah leistet mit ihrem Dokumentarfilm Aufklärung über den Rassismus im Großbritannien der 1970er und 80er und veranschaulicht zudem die Verknüpfung mit der Geschichte des Königreichs als Kolonialmacht, welche noch heute gesellschaftliche Verhältnisse prägt. Der Kampf gegen Rassismus ist noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil: Weltweit sind rechte Parteien auf dem Vormarsch, in Großbritannien nehmen rassistische Äußerungen und Übergriffe seit der Abstimmung über den Brexit nachweislich zu.

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White Riot fängt auf besondere Weise die Widerständigkeit der Rock against Racism-Aktivist*innen und die Dynamik der Bewegung ein. Filmemacherin Rubika Shah verbindet Dokumente wie Briefe, Plakate, Flugblätter und Zeitschriften mit Archivaufnahmen von Konzerten, Demonstrationen und aktuellen Interviews in der Tradition des Punk und des Schnippel-Layouts selbstgemachter Plakate und Zines. Diese raue Do-It-Yourself-Ästhetik zeigt Shahs Sympathie für die Punkszene und ist zugleich als Aufforderung an das Publikum zu verstehen, selbst aktiv zu werden.

© Syd Shelton

Der titelgebende The Clash-Song ist ein Aufruf, die Kämpfe von POC als Vorbild zu begreifen und zu unterstützen. Rubika Shah lässt Aktivist:innen, Künstler:innen und von Rassismus Betroffene zu Wort kommen, die ein Gefühl für die gesellschaftlichen Spannungen vermitteln, in denen Rock against Racism entstand. Mit einer Mischung aus politischer Analyse und Konzertaufnahmen holt der Dokumentarfilm ganz im Sinne von Rock against Racism gleichermaßen Punkfans und Aktivist:innen ab.

Fans bei einem Konzert.

© Syd Shelton

White Riot entwickelt die treibende Energie eines Clash-Songs. Bildsprache und Musik des Films versetzen die Zuschauer:innen zurück in eine Zeit, die von aufkeimendem Faschismus, aber auch von antifaschistischen Kämpfen und pulsierenden Subkulturen geprägt ist.Angesichts des aktuellen Rechtsrucks weckt White Riot Wehmut nach einer kraftvollen antifaschistischen Bewegung. Der Film ruht sich jedoch nicht auf einer nostalgischen Sehnsucht aus. Die Parallelen zwischen rassistischen Äußerungen der National Front und Parteien wie der AfD, eines Trumps oder Bolsonaros sind offenkundig. Am Beispiel von Rock against Racism zeigt Rubika Shah erfolgreiche Strategien antifaschistischer Gegenwehr. Die Begeisterung und Energie der Aktivist:innen ist ein Ansporn zum Aktivismus. White Riot erweckt eine rebellische und hochpolitische Subkultur zum Leben, als wolle er seinem Publikum sagen: Punk’s not dead – Rassismus aber leider auch nicht.

Lea Gronenberg
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