Verwünscht Nochmal

Der folgende Text zu Verwünscht nochmal ist zuerst als Kurzkritik auf unserem Instagram-Kanal erschienen und ist dementsprechend gestaltet. Ihr findet die Kritk auch weiterhin dort in unserem Story-Highlight „Kurzkritiken“

15 Jahre nach ihrer Reise aus dem Märchenland Andalasien in die echte Welt in Verwünscht (2007) ist Giselle als Mutter, Stiefmutter und Ehefrau gelangweilt wie überfordert vom stressigen, überfüllten New Yorker Leben. Soll so also das „After“ nach dem „Happily Ever After“ aussehen? Um ihr altes Märchenleben so gut wie möglich auch in die echte Welt zu bringen, zieht Gisele samt Mann und den beiden Töchtern nach Monroeville im sagenumwobenen „Suburbia“, dem Mythos des idyllisch amerikanischen Vorstadtlebens. Dort soll es ruhiger, romantischer und heimeliger als in der Großstadt werden.

© Disney

Was aber auf Gisele wartet, sind nie enden wollende Umbauarbeiten, die Regeln der spießigen Provinz und eine Tochter im Teenager-Alter, die sich mehr und mehr zu entfremden scheint. Kurzerhand wünscht sich Gisele, dass das echte Leben zum Märchen wird und so alle Probleme verschwinden. Was sie dabei vergisst: Stiefmütter nehmen in Märchen traditionell nur selten die Rolle der „guten Heldin“ ein.

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Gut und Böse im Märchen

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Wie schon der Vorgängerfilm ist auch Verwünscht nochmal Hommage an wie Parodie von Märchengeschichten um verwunschene Prinzessinnen, böse Hexen und neidische Stiefmütter bekannt aus Erzählungen wie Dornröschen, Aschenputtel und Schneewittchen. Auch Disney hat diese Geschichten bereits zahlreich verfilmt und einen Kanon an animierten Filmklassikern geschaffen, die Frauenfiguren in hartnäckige Kategorien wie jung/schön und alt/verbittert unterteilen und somit oft als Gegenspielerinnen gegenüberstellen.

Gut und Böse im Film

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Während im 1. Teil Susan Sarandon als Narissa die Rolle der bösen Königin übernahm, findet sich Giselle in Teil 2 selbst als Bösewichtin wieder. Amy Adams verkörpert auch dieses Mal Giselle als ewig optimistisch und entwaffnend sympathisch. Ein zweites Gesicht zeigt die Schauspielerin, als sich Giselle von der überforderten zweifach-Mutter nach und nach in die böse Stiefmutter verwandelt. Der Film nähert sich so, dadurch das eine Figur beide Seiten in sich vereint, auch einem Bruch der altbekannten Kategorien aus früheren Filmen an.

Wer spielt mit?

© Disney

Abgerundet wird Verwünscht nochmal durch Frauenfiguren, die sich in ein Märchenensemble rundum einfügen: Maya Rudolph als böse Hexe Malvina, Gabriella Baldacchino als Stieftochter Morgan, Idina Menzel als Königin von Andalasien, Yvette Nicole Brown und Jayma Mays als Dienerinnen Malvinas. Männer dienen hier als Comic Relief und spielen für das Geschehen des Films nur am Rande eine Rolle: James Marsden als leichtgläubiger, wenn auch heroischer König Edward und Patrick Dempsey als großzügig abwesender Ehemann und Vater Patrick. Gleichsam sind auch sie fast alle reale Personen, die dem Stress des Alltags standhalten müssen, wie auch stereotype Tropes, die den parodistischen Charakter der Filmreihe unterstreichen. Auch die Anwesenheit des Backenhörnchen Pip als Vertrauter und gutes Gewissen von Giselle spielt einmal mehr mit den Erwartungen, die Zuschauer:innen an Motive aus Filmmärchen haben.

Fazit

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Auch wenn Verwünscht nochmal nicht ganz an den Charme des Vorgängers anknüpfen kann und etwas dichter im Erzählfokus sein könnte, lässt die Fortsetzung witzige Momente um die Gegenüberstellung von Märchen und der wahren Welt nicht missen: improvisierte dennoch durchchoreographierte Gesangs- und Tanzeinlagen mitten auf Straße, oberflächliche Märchenprinzen und altkluge tierische Sidekicks gibt es auch hier. Besonders sticht der Film aber durch seine positive Darstellung einer (Stief-)Tochter-Mutter-Beziehung in einem Märchensetting und seine, wenn auch passend zum Genre in überbordenden Gefühlsreigen verpackte, Thematisierung von Fragen um Mental Load, Care Arbeit, Perfektionismus und Romantisierung der Rolle als Mutter und Ehefrau hervor.

Kurzum: Ein kurzweiliger Film mit Entertainment-Faktor, der Hoffnung auf neue Erzählweisen in Märchen macht. Hier können Prinzessinnen auch Stiefmütter und böse Hexen auch Freundinnen sein.

Verwünscht nochmal seht ihr seit dem 18.11.2022 auf Disney+.

Sabrina Vetter