Sorry Genosse

“Ich habe mich in eine Geschichte verliebt”, leitet Filmemacherin Vera Brückner ihren Dokumentarfilm Sorry Genosse aus dem Off ein. Dieser persönliche Zugang färbt den gesamten Film und verleiht ihm einen ganz besonderen, liebevollen Ton, der auch das Publikum schnell in die Geschichte von Hedi und Karl-Heinz hineinzieht. Die beiden lernen sich 1969 auf einer Geburtstagsfeier in Thüringen kennen. Hedi lebt in der DDR, Karl-Heinz ist nur zu Besuch. Sorry Genosse erzählt ihre Liebesgeschichte und die Geschichte von Hedis Flucht aus der DDR.

© W-film / Nordpolaris

Getrennt durch die deutsch-deutsche Grenze schreiben Hedi und Karl-Heinz einander Briefe. Sie berichten von ihrem Alltag als Studierende, tauschen sich zu politischen Fragen aus – Karl-Heinz politisiert sich in der westdeutschen Studierendenbewegung – und entwickeln zunehmend Gefühle füreinander. Beim Vorlesen dieser Briefe vor laufender Kamera zeigen sich die beiden wehmütig und teils amüsiert. Sorry Genosse taucht in das Lebensgefühl der frisch Verliebten ein, betrachtet es aber immer auch mit dem Blick der heute 70-jährigen Protagonist:innen.

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Der zeitliche Abstand ermöglicht Vera Brückner sich ganz auf ihre Protagonist:innen zu konzentrieren und das Thema der Republikflucht fernab gängiger Klischees zu behandeln. Hedi entscheidet sich für die Flucht, um mit Karl-Heinz zusammenleben zu können. Sie hätte ihm – wie es ihre Studienfreundin im Film ausdrückt – ein Leben im Sozialismus gegönnt, doch sein Antrag auf Übersiedelung in die DDR wird durch die Stasi behindert, die Karl-Heinz lieber in West-Berlin als Spion einsetzen würde.

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Die Flucht selbst erzählt Sorry Genosse spannungsgeladen und humorvoll. In vereinfachten Szenenbildern stellen die Kompliz:innen Hedi, Karl-Heinz und Gitti ihren “Masterplan” mit all seinen Komplikationen nach. Mehr als 30 Jahre nach der Maueröffnung und mit dem Wissen, dass die Flucht schließlich gelingen würde, können sie selbst über den Arrest am Grenzübergang und Verhöre durch den rumänischen Geheimdienst lachen.

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Mit spürbarer Sympathie für ihre Protagonist:innen und Mut zu kreativen Formen erweckt Vera Brückner mit Sorry Genosse ein Stück deutsch-deutscher Geschichte zum Leben.

Kinostart: 9. Februar 2023

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