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Dichter und Kämpfer lief 2012 in der Kategorie “Perspektive Deutches Kino” bei der Berlinale. Diese Kritik erschien ursprünglich auf dem Festival Blog Sophies Berlinale.
„Wir wären alle gerne Hip Hopper, aber unsere Mütter sind nett“, sagt einer der Protagonist:innen von Dichter und Kämpfer bei der Q&A nach dem Film. In der Tat sind die Poetry Slammer, um die es in dieser Doku von Marion Hütter geht, weit entfernt vom Gangster-Image gewisser deutscher Hip Hopper. Wenn überhaupt ein Vergleich notwendig ist, würde ich sie als nerdige Version von Stand-Up Comedians beschreiben. Zwar geht es beim Poetry-Slam nicht darum, witzig zu sein, bis auf eine Ausnahme wollen die im Film portraitierten Künstler:innen ihr Publikum jedoch vor allem zum Lachen bringen.
Dichter und Kämpfer begleitet vier Poetry Slammer:innen auf und jenseits der Bühne. Selbstverständlich bilden ihre Performances einen wichtigen Teil der Dokumentation. Doch Marion Hütter filmt nicht einfach nur die Bühne ab, sondern inszeniert die poetischen Vorträge auch im Alltag der Poet:innen. Die Darstellung ihres ganz normalen Lebens fällt sehr knapp aus und wir bekommen wenig Einblicke in die Persönlichkeit der Figuren jenseits ihrer Bühnenidentität. Ich finde das schade, da ich gerne mehr über Julius, Theresa, Sebastian und Philipp erfahren hätte.
Vor dem Film hatte ich nur eine vage Ahnung davon, was ein Poetry Slam eigentlich ist. Jetzt bin ich eindeutig schlauer und gar ein wenig inspiriert, selbst wieder öfter kreativ die Feder zu schwingen. Ich finde diese Art der Kunst ziemlich mutig, da sich die Autor:innen hier dem direkten Kontakt mit dem Publikum aussetzen und es nicht nur darum geht, gute Ideen zu haben, sondern diese auch gekonnt vorzutragen. Da kann di:er einsame Dichter:in im Kellerloch nicht mithalten.
Insgesamt aber hinterlässt mich der Film ein wenig frustriert. Mir ist nicht so ganz klar, worum es Marion Hütter hier geht. Will sie einfach nur die Poetry Slam Szene darstellen? Dass die Performances hier im Vordergrund stehen, spricht dafür. Ich kann auf dramaturgischer Ebene keinen anderen roten Faden entdecken, was mir den Genuss des Films ein wenig verleidet. Auch das Ende kommt ziemlich abrupt und wirft uns mitten in der Aufzeichnung eines Wettbewerbs aus dem Kino hinaus, ohne uns mitzuteilen, ob eine:r der uns nun bekannten Protagonist:innen an diesem Tag als Gewinner:in hervor gegangen ist.
Vor ein paar Jahren habe ich den Dokumentarfilm Love, Peace & Beatbox von Volker Meyer-Dabisch auf der Berlinale gesehen, der ein ähnliches Profil hatte wie Dichter und Kämpfer. Auch damals ging es um eine neue Kunstform, das Beatboxen, und die bekanntesten deutschen Vertreter:innen. Meyer-Dabisch gelingt es in meinen Augen aber deutlich besser, uns nicht nur für sein Thema, sondern auch die Figuren zu gewinnen. Dichter und Kämpfer bleibt in meinen Augen letztendlich doch ein rein informatives Werk. Das Beste an der ganzen Vorführung waren die spontanen Kostproben, die die anwesenden Slammer:innen nach dem Film lieferten. Insofern ist meine Empfehlung an dieser Stelle, sich lieber mal einen Poetry Slam live anzusehen als diesen Film.
KINOSTART: 6. September 2012
Sophie (Charlotte Rieger) ist die Gründerin von FILMLÖWIN und arbeitet als freie Autorin und Speakerin zu den Themen Film und Feminismus.
