DOK.fest München 2022: Die Hälfte der Macht
Noch immer sind Frauen in wichtigen, gesellschaftlichen Bereichen unterrepräsentiert. FILMLÖWIN sah im Rahmen des DOK.fest München zwei Filme, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sich Frauen ihren Platz erkämpfen, welchen Widerständen sie begegnen und wie sie als Vorbilder nachfolgenden Generationen den Weg ebnen können.
Dragon Women sind Frauen in Führungspositionen in der Finanzindustrie. Fünf von ihnen portraitiert Frédérique de Montblanc in ihrem gleichnamigen Dokumentarfilm. Ihre Protagonistinnen stellt sie zunächst im Stil eine Visitenkarte vor, die die wichtigsten Informationen enthält: Rang und Funktion im Unternehmen, sowie den Jahresumsatz des Unternehmens.Doch die Regisseurin gewährt auch einen Blick hinter diese harten Fakten und blanken Zahlen. Sie begleitet die Protagonistinnen in ihrem (Arbeits-)Alltag, bei Meetings in verspiegelten Bürotürmen, sowie im heimischen Wohnzimmer. Dragon Women geht der Frage nach, inwiefern Frauen ein anderes Verständnis von Macht haben. In Interviews berichten die Protagonistinnen, wie es sich anfühlt eine von wenigen Frauen an der Spitze zu sein, wie sie sich in einer männlich geprägten Branche durchsetzen und wie sich ein steigender Frauenanteil auf die Finanzindustrie auswirkt.
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Eine der Protagonistinnen erklärt im Interview, dass ihr individuelles Verhalten als eine von wenigen Frauen in der Branche schnell zum Maßstab für weibliches Verhalten wird. Dragon Women widersetzt sich einer solchen Bildung von Stereotypen. Frédérique de Montblanc greift verbindende Themen, wie die Vereinbarkeit der beruflichen mit der privaten Sphäre, die Selbstbehauptung in Männerrunden und den Zugang zu Macht auf und erzählt diese konsequent durch die Wahrnehmungen und Empfindungen ihrer Protagonistinnen. Dieser persönliche Zugang eröffnet einen neuen, einen weiblichen Blick auf die Finanzindustrie.
Auch die deutsche Politik ist überwiegend weiß und männlich. Unterrepräsentiert sind junge, queere und migrantische Personen. Germany Represent ‒ jung, weiblich, politisch portraitiert drei Politikerinnen, die durch den Willen, ihre eigene Geschichte zu erzählen und Gesellschaft zu gestalten, zu mehr Diversität und einer besseren Repräsentation beitragen:
Nyke Slawik kandidierte für die Grünen für den Bundestag und ist inzwischen gewählte Abgeordnete, Audrey Dilangu ist Kommunalpolitikerin und sitzt für die SPD im Stadtrat von Dinslaken, Lilli Fischer ist CDU-Stadträtin in Erfurt und arbeitet für die CDU-Landtagsfraktion Thüringen.
Regisseurin Jannika Quaas fängt am Beispiel der Protagonistinnen ein, wie viel ehrenamtliche Arbeit Politikerinnen von der kommunalen bis zur Bundesebene leisten und dass dieses Engagement ein dickes Fell erfordert. In Interviews mit Nyke Slawik, Audrey Dilangu und Lilli Fischer arbeitet die Regisseurin heraus, was jede einzelne von ihnen antreibt. Die drei Frauen unterscheiden sich in ihren Wertvorstellungen, ihren Positionen und ihren Biografien. Doch sie alle kämpfen darum, gehört zu werden und Repräsentation zu erfahren.
In den letzten Wochen vor der Bundestagswahl im September 2021 werben die drei Politikerinnen um Stimmen für ihre Anliegen und ihre Partei. Die zeitlichen Abschnitte, die den Dokumentarfilm strukturieren, verdichten sich: Vier Wochen vor der Wahl, drei Wochen, zwei Wochen, ein Tag vor der Wahl, der Wahltag. Am 26. September 2021 wird Nyke Slawik als eine der ersten trans Frauen in den Bundestag gewählt. Der Anteil von Frauen und Menschen mit Migrationsgeschichte ist im Vergleich zur vorherigen Wahlperiode gestiegen, das Durchschnittsalter der Abgeordneten gesunken. Der Dokumentarfilm Germany Represent ‒ jung, weiblich, politisch verdeutlicht, dass Repräsentation viel mehr bedeutet als Statistik und weckt Hoffnung auf Veränderung.
Das DOK.fest München findet 2022 hybrid statt. Filme aus dem Programm könnt ihr noch bis zum 15.05.2022 an den Münchner Spielorten und bis zum 22.05.2022 online sehen.
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