Blue Jean

Mit der Section 28 verbot die konservative britische Regierung unter Margaret Thatcher 1988 die “Förderung der Homosexualität” durch lokale Behörden, zu denen unter anderem Schulen zählen. Regisseurin Georgia Oakley und Produzentin Hélène Sifre zeigen mit ihrem gemeinsamen Debütfilm Blue Jean, wie sich diese homophobe Gesetzgebung und gesellschaftliche Stimmung auf das Leben von Menschen auswirken – Menschen wie Jean (Rosy McEwen), die als Lehrerin gezwungen ist, ihre Sexualität zu verheimlichen.

© Salzgeber

___STEADY_PAYWALL___Georgia Oakley und Hélène Sifre entschieden sich ganz bewusst, eine Lehrerin in den Mittelpunkt ihrer Geschichte zu stellen. Während Section 28 große Teile der LGBT-Bewegung mobilisierte, standen Lehrkräfte unter besonderem Druck und waren kaum in der Lage öffentlich aufzubegehren. Zu Beginn des Films besteht Jean im Gegensatz zu ihrer Partnerin Viv (Kerrie Hayes) noch darauf, dass nicht alles politisch sei und spürt zugleich bereits die dramatischen Konsequenzen der gesellschaftspolitischen Stimmung.

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Jean fürchtet um ihren Job als Lehrerin und damit um ihre Lebensgrundlage. Sie erlebt Feindseligkeiten im familiären und beruflichen Umfeld, sowie von völlig Fremden. Berichterstattung im Radio, Plakatkampagnen und das Unterhaltungsprogramm im Fernsehen konfrontieren sie mit der gesellschaftlichen Heteronormativität. Sie selbst hadert mit ihrer internalisierten Heteronormativität und der Frage nach ihrer eigenen Identität. Ihre Beziehungen und ihr Selbstwert leiden sichtbar darunter, dass sie sich ständig verstellen muss. Gleichzeitig erfährt sie Zuneigung und Zusammenhalt in queeren Räumen. Rosy McEwen verkörpert die Vielschichtigkeit und das Durcheinander dieser Erfahrungen und Emotionen feinfühlig und vermittelt mit großer Ruhe und Einfachheit, was Jean unter der Oberfläche der angepassten Lehrerin bewegt.

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Blue Jean taucht mit seinem kompletten Look-and-feel in den Zeitgeist der 1980er Jahre Großbritanniens ein, seine Botschaft reicht allerdings darüber hinaus. Mit großer Einfühlsamkeit spürt Georgia Oakley  dem zeithistorischen Geschehen nach und macht ihrem Publikum die Komplexität gesellschaftlicher Ausschlüsse queerer Personen im Zusammenspiel gesellschaftlicher Debatten und Gesetzgebungen begreiflich.

Kinostart: 5. Oktober 2023

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