Berlinale 2025: Ich will alles. Hildegard Knef – Kurzkritik

Für mich soll’s rote Rosen regnen“ – wer kennt ihn nicht, den Chanson der deutschen Schauspielerin, Sängerin und Autorin Hildegard Knef?! Und doch wissen insbesondere die jüngeren Generationen heutzutage kaum mehr etwas über die Person hinter diesem Schlager. 

Ein schwarz-weiß Foto der jungen Hildegard Knef, mit schulterlangen Haaren und einer Zigarette lässig im Mundwinkel.

@ Privatarchiv Hildegard Knef

Mit ihrem „autobiografischen“ Dokumentarfilm Ich will alles. Hildegard Knef wird Luzia Schmid dies mit Sicherheit ändern. Die Regisseurin nutzt mehrheitlich Archivaufnahmen, insbesondere Interviews mit der Künstlerin aus verschiedenen Epochen ihres Schaffens, im Voice Over vorgetragene autobiografische Schriften und Interviews mit Familienangehörigen. Ganz autobiografisch ist der Film freilich trotzdem nicht, denn es ist die Montage von Yana Höhnerbach, die die einzelnen Elemente zu einer Narration verbindet, mit einer Dramaturgie versieht und Schwerpunkte setzt. 

Auffällig ist hierbei die zwingende Verbindung zwischen Hildegard Knef und ihrem künstlerischen Schaffen. Ihr Privatleben spielt für Luzia Schmid vornehmlich dann eine Rolle, wenn es eine Verbindung mit dem beruflichen eingeht. So beginnt Schmids Erzählung auch mit Knefs Ausbildung zur Schauspielerin an der Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam Babelsberg und endet mit deren letzten Auftritten. In dieser Herangehensweise spiegelt sich einerseits Schmids Respekt für Hildegard Knef, die Weigerung persönliche Tiefpunkte und Laster zum Selbstzweck auszuschlachten, aber auch Knefs eigene Herangehensweise, zum Einen bewusst eine Person der Öffentlichkeit zu sein und gleichzeitig diese öffentliche Persönlichkeit gezielt und kontrolliert zu verkörpern.

Und so kommt es, dass trotz Knefs oft unverblümter Direktheit in Interviews und ihrer selbstoffenbarenden Texte in Ich will alles immer eine gewisse Distanz verbleibt. Wir dürfen Hildegard Knef näher, aber eben nicht ganz nahe kommen. Wir dürfen ihren Werdegang ebenso verfolgen wie die Etappen ihres Privatlebens, doch vollumfänglich begreifen können wir sie nicht. 

Und wie auch? Was als Manko dokumentarischen Filmschaffens gewertet werden könnte, ist vielleicht eher der Mut, über die oft grenzen- und distanzlose Schaulust eines Kinopublikums hinwegzugehen und damit der Protagonistin besonders treu zu bleiben. Letztlich ist greifbare Nähe in filmischen Portraits immer eine Illusion, ist jeder Dokumentarfilm Produkt einer sehr kalkulierten Auswahl und Montage von Material, das nie ein wahrhaftiges, sondern immer ein manipuliertes Abbild präsentiert. Luzia Schmid geht mit den Möglichkeiten und Grenzen ihres Genres ehrlich um. Damit bleiben beim Publikum vielleicht Fragen, aber eben auch jener Respekt, den eine Künstlerin wie Hildegard Knef verdient.

Ich will alles. Hildegard Knef ist als Weltpremiere bei der Berlinale 2025 zu sehen.

Sophie Charlotte Rieger
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