DOK.fest München 2024: Fighting Demons With Dragons – Kurzkritik
In ihrem Dokumentarfilm Fighting Demons With Dragons begleitet Regisseurin Camilla Magid die Teenager*innen Ask, Luca und Jose während ihrer Zeit an der Østerskov Efterskole, einem dänischen Internat, an dem Live Action Role Playing (LARP) als pädagogisches Mittel ausgeschöpft wird. Die Schule sieht sich als Ort für Jugendliche, die an anderer Stelle ausgegrenzt werden. „Wir sind Nerds und wir sind stolz drauf“, so die Begrüßungsworte des Schulpersonals an Neuankömmlinge. Neben Vampir*innen und Dämon*innen werden als Teil von Sozialkunde und Englischunterricht auch Figuren wie ehemalige US-Präsidenten gespielt, um Kreativität anzuspornen und historisch-politisches Wissen zu vermitteln.___STEADY_PAYWALL___
Über die Dauer von zwei Schuljahren, auch unterbrochen durch die Covid-Pandemie, verfolgt Magid den Schulalltag an der Efterskole. In Interviews schildern Ask, Luca und Jose, welche Umstände sie ans Internat gebracht haben, darunter vor allem die Suche nach einer Community. Diese konnten sie in ihrem Zuhause oder im System der gängigen Folkeskolen Dänemarks nicht finden.
Einsamkeit, Mobbing und Gewalterfahrungen führen sie in Østerskov zusammen. Im intimen Austausch mit Zimmergenoss*innen, in Gesprächen mit Lehrpersonal oder in der Gruppe teilen sie diese Erlebnisse mit offenen Worten in Räumen, die ihnen zuvor nicht gegeben wurden. So entstehen enge Freund*innenschaften, Liebesbeziehungen und Vertrauensverhältnisse.
Magid verfolgt die drei Protagonist*innen mit einem gewissen Abstand in alltäglichen Situationen und lässt ihnen Freiräume, den Zugang, den sie in ihr Privatleben erlauben, selbst zu bestimmen. In persönlichen Interviews ist die Kamera von Mathias Døcker Petersen & Maria von Hausswolff ganz auf die Gesichter der Interviewten fokussiert. LARPs sind ein fester Teil des Internatsaufenthalts und somit auch von Magids Doku. Inhalte spielen dabei aber nur eine untergeordnete Rolle, ihre Bedeutung im Schul- und Lebensalltag der Schüler*innen wird vielmehr durch einzelne Eindrücke in Bild und Wort sichtbar. So erklärt Jose beispielsweise, wie LARP es möglich macht, mit Angstzuständen umzugehen: „Es ist einfacher für mich, wenn ich eine andere Person bin.“
Fighting Demons With Dragons schildert, wie die Auseinandersetzung mit Unsicherheiten und Ängsten in kreativen, fantastischen Räumen stattfindet. In der Community der Østerskov Efterskole finden Jugendliche den Halt, den sie zuvor nicht hatten. Hier bekommen sie – manche zum ersten Mal überhaupt – Platz, um eigene Gedanken frei auszuformulieren. Maximal 2 Jahre verbringen Schüler*innen an der Efterskole, an ihrem letzten Schultag werden sie zeremoniell wie spielerisch durch ein Spalier verabschiedet. Danach ist es Zeit für Schüler*innen weiterzuziehen und die während der Internatszeit erlernten Möglichkeiten zur Selbstbestimmung als Chancen für den weiteren Lebensweg zu begreifen.
Fighting Demons With Dragons ist in der Sektion DOK.panorama des DOK.fest München 2024 zu sehen.
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