Sara Mardini – Gegen den Strom

Im Sommer 2015 fliehen Sara und Yusra Mardini vor dem Krieg in Syrien. Wie hunderttausende Flüchtende sind die Schwestern gezwungen, den unsicheren Seeweg über das Mittelmeer anzutreten. Als ihr überfülltes und defektes Schlauchboot unterzugehen droht, springen die Leistungsschwimmerinnen ins Wasser und ziehen das Boot 3,5 Stunden bis zur griechischen Insel Lesbos. Ihr Einsatz rettet zahlreiche Menschenleben und macht Sara und Yusra über Nacht berühmt. Nach dem Spielfilm Die Schwimmerinnen erzählt nun Regisseurin Charly Wai Feldman im Dokumentarfilm Sara Mardini – Gegen den Strom ihre Geschichte.

© mindjazz pictures

___STEADY_PAYWALL___Im 2022 erschienen  Netflix-Spielfim Die Schwimmerinnen inszeniert Regisseurin Sally El Hosaini die Geschichte der Schwestern (gespielt von Manal und Nathalie Issa) in einer Mischung aus Drama und Sportfilm. Dabei legt sie Wert darauf, ein möglichst vollständiges und ausgewogenes Bild zu zeichnen, das den Alltag der Teenagerinnen mit Schwimmtraining und Partys in Damaskus einfängt, bevor dieser durch den Krieg immer weiter eingeschränkt wird. Die Erfahrung von Krieg und Flucht nehmen in Die Schwimmerinnen ebenso viel Raum ein wie der Weg Yusra Mardinis zu den Olympischen Spielen in Rio. Dabei hält Sally El Hosaini die Balance zwischen Inspirationskitsch und beeindruckender Heldinnengeschichte.

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Nur am Rande geht Die Schwimmerinnen jedoch auf Sara Mardinis Geschichte ein, die als humanitäre Helferin zurück nach Lesbos geht und dort 2018 verhaftet wird. Die Vorwürfe gegen sie lauten unter anderem Beihilfe zur illegalen Einreise (Schleusung), Geldwäsche, Betrug und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. An dieser Stelle setzt der Dokumentarfilm Sara Mardini – Gegen den Strom von Charly Wai Feldman an.

Vier Jahre lang begleitet die Filmemacherin Sara Mardini. Die Untersuchungshaft, aus der Mardini auf Kaution entlassen wird, stellt für sie eine Zäsur dar. Sara Mardini – Gegen den Strom verdeutlicht diese durch Einblendungen der Monate in Freiheit auf Kaution. Das anstehende Gerichtsverfahren und die drohende Haftstrafe von mehr als 20 Jahren belasten Mardinis Alltag.

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Das Narrativ des Films orientiert sich stark an Sara Mardinis Sichtweise. Aus dem Off erzählt sie ihre eigene Geschichte. Sie beschreibt, warum es für sie notwendig war, von der Geflüchteten zur Retterin zu werden und thematisiert innere Konflikte und Sinnkrisen. Dann sollen gestellte Szenen der tanzenden oder schwimmenden Sara Mardini eine weitere, leichtere Seite zum Vorschein bringen. Social Media-Posts und öffentliche Auftritte zeigen Sara Mardini als Aktivistin und Kämpferin. Videoausschnitte von Horst Seehofer, der sich gegen Seenotrettung positioniert, oder dem Brand im Flüchtlingslager Moria sollen Mardinis Engagement in einen größeren Kontext setzen. Charly Wai Feldman nutzt diese unterschiedlichen Zugänge zu ihrer Protagonistin und kann sie doch nicht greifen.

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Im Versuch der Komplexität seiner Protagonistin und der politischen Tragweite ihres Falls gerecht zu werden, verliert Sara Mardini – Gegen den Strom den Fokus. Dennoch zeigt der Dokumentarfilm, wie zynisch die Kriminalisierung humanitärer Hilfe an den europäischen Außengrenzen ist. Zum Kinostart am 23. März 2023 gibt es eine Kinotour mit Beteiligung von Amnesty International.

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