Blockbuster-Check: Star Wars – The Last Jedi
Weil der Bechdel-Test zwar ziemlich cool ist, aber dennoch manchmal zu kurz greift, nehme ich im Blockbuster-Check Mainstream-Filme hinsichtlich einzelner Elemente kritisch unter die Lupe.
Achtung: Auf Grund der Herangehensweise kann der Blockbuster-Check nicht spoilerfrei sein
Held_innen
Als hätten die Filmemacher_innen hinter der neuen Star Wars Trilogie die Kritik der Feminist_innen ernst genommen, ist vom ersten zum zweiten Teil hinsichtlich der quantitativen Repräsentation von Frauen* eine ganze Menge passiert. Rey (Daisy Ridley) steht nicht mehr als einsame Schlumpfine zwischen lauter Männern*, sondern ist von anderen Heldinnen umgeben, die nicht nur nennenswerte Screentime, sondern auch maßgeblichen Einfluss auf die Handlung besitzen. Das hat allerdings auch zur Folge, dass Rey, einst klar im Fokus der Geschichte, ein wenig an den Rand gedrängt wird. Star Wars – The Last Jedi ist eher ein Ensemble- als ein Held_innen-Film, der verschiedenen Charakteren eine gleichberechtigte Bühne bietet.
Gleichberechtigung ist an sich erst einmal zu befürworten, die Auflösung hierarchischer Strukturen ebenso. Dass Rey von der Hauptfigur zu einem Teil des Ensembles wird, spielt daher eine untergeordnete Rolle, schwierig gestaltet sich jedoch ihre farblose Präsenz. Im Gegensatz zum ersten Teil, in dem ich sie noch als „badass“ beschreiben konnte, fehlen Rey in der Fortsetzung, insbesondere in der ersten Hälfte des Films, Situationen, in denen sie ihre Fähigkeiten und ihren Mut unter Beweis stellen kann.
Hinzu kommt die Tendenz des gesamten Films, seinen weiblichen* Figuren weniger Komplexität zuzugestehen. Wo der Bösewicht einen inneren Kampf ausfechten muss, ist und bleibt Rey, so wie wir sie seit dem ersten Teil kennen, moralisch integer. Diese Integrität, die sich auch in der Willensstärke, also im Umgang mit der „Macht“ ausdrückt, verschafft ihr einen offensichtlichen Vorteil gegenüber ihrem Kontrahenten Kylo (Adam Driver), lässt sie selbst aber unfehlbar erscheinen. Und wo einer Figur das Scheitern verwehrt wird, erscheint sie übermenschlich, kann nicht mehr als Identifikationsfigur dienen und in der Konsequenz weniger mitreißen. Während Rey in The Force Awakens noch bodenständig, echt und somit greifbar wirkte, verliert sich der Charakter nun in einer Idealisierung, die sich auch auf der Bildebene in zahlreichen Close-Ups ihres artifiziell puppenhaften Gesichts widerspiegelt.
Ein sublimer Heldinnenmoment im Finale macht das nicht besser, auch wenn die Tatsache, dass Frauen*figuren nun mit demselben Pathos inszeniert werden können wie ihre männlichen* Kollegen mein Herz vor Freude hüpfen lässt. In The Last Jedi aber komplettiert dieser Moment die Entwicklung Reys von einer unfreiwilligen, aber sympathischen Heldin zu einer unantastbaren Heiligen.
Ganz gleichberechtigt wird Pathos in dieser Geschichte übrigens dann doch nicht verteilt, denn Luke Skywalkers Heldenmoment ist um ein zigfaches sublimer als der von Rey. Ohnehin ist Luke (Mark Hamill) die weitaus spannendere, weil eben nicht leicht zu durchschauende und zu kategorisierende Figur. Der einst schillernde Held ist nicht mehr klar als solcher einzuordnen, weckt Antipathien und Zweifel an seiner Integrität und vermag uns gerade dadurch viel mehr in seinen Bann zu ziehen als seine junge Nachfolgerin.
Star Wars – The Last Jedi besitzt aber, wie schon erwähnt, auch Heldinnenfiguren über Rey hinaus. Prinzessin Leia, die durch den Tod von Darstellerin Carrie Fisher eine sehr berührende Aura entwickelt, erhält im zweiten Teil der neuen Trilogie deutlich mehr Screentime und dramaturgische Macht als im letzten Film. Unterstützt wird sie von Admiral Holdo (Laura Dern), die vorübergehend das Kommando übernimmt. Beide Frauen* pflegen einen nahezu mütterlichen Führungsstil, der als solcher auf Grund der stereotypen Gleichsetzung von Frau* und Mutter durchaus zu kritisieren ist, gleichzeitig aber einen interessanten Diskurs aufmacht. Wo ihre männlichen* Mitstreiter konfrontativ auftreten, agieren Leia und Holdo defensiv, mit Bedacht und stets weniger mit dem Angriff der Gegner als mit dem Schutz der eigenen Leute im Sinn. Dass sie diese Strategie keinen Deut weniger heldinnenhaft macht, sie nicht trotzdem, sondern gerade deshalb unseren vollen Respekt verdienen, müssen ihre männlichen* Untergebenen im Laufe der Geschichte ebenso lernen wie wir als Zuschauer_innen. Damit stellen diese Figuren auch unsere Idee von Held_innentum an sich in Frage!
Gegenspieler_innen
In dieser Kategorie kann Star Wars – The Last Jedi leider keinen Blumentopf gewinnen, denn wie schon in den vorangegangen Filmen ist die Fraktion der Bösen auffällig heterogen männlich* aufgestellt. Sowohl quantitativ wie auch qualitativ sind Frauen* hier extrem unterrepräsentiert, wenn natürlich auf Grund der Storm Trooper Outfits auch schwerer als solche zu identifizieren. Allein Captain Phasma (Gwendoline Christie) kämpft für die Frauen*quote, scheitert aber an extrem begrenzter Screen Time.
Freilich könnte die männliche* Front der Bösen auch als Kritik gelesen werden, beispielsweise an patriarchalen hierarchischen Strukturen oder auch am Konzept der „toxic masculinity“, die sich insbesondere in Kylos innerem Kampf um die böse Seite der „Macht“ ausdrückt. Härte, Unbarmherzigkeit und das Verdrängen von Emotionen, allen voran Empathie, würden dieser Lesart zufolge allerdings als originär männlich* erscheinen, ohne dass der Film diese zutiefst sexistischen Zuordnung diskursiv einbettet. An dieser Stelle fehlt The Last Jedi die notwendige Reflektionsebene, um an sein Publikum die zentrale Frage zurückzuspielen, warum die böse Seite der „Macht“ denn unbedingt männlich* sein muss.
Geschlechterrollen allgemein
Das Star Wars Team hat seine feministischen Hausaufgaben gemacht. Frauen* sind in dieser Fortsetzung deutlich sichtbarer, tauchen allein in den klassischen Cockpit-Einstellungen der Gefechtsszenen häufiger auf, nehmen aber auch in Führungspositionen Einfluss auf den Handlungsverlauf und sind damit mehr als nur Dekoration.
Gleichzeitig verhandelt der Film geschlechterstereotype Zuordnungen wie das „Boys Will Be Boys“-Schema, insbesondere an der Figur des Piloten Poe (Oscar Isaac). Ob aus mangelndem Respekt vor weiblichen* Vorgesetzten oder eben einer „typisch männlichen*“ Impulsivität und Aggressivität, ignoriert er mehrfach Befehle defensiver Strategien zu Gunsten konfrontativer Alleingänge. Seine Anführerinnen belächeln zunächst mütterlich diese „Hau-Drauf-Mentalität“, die jungenhafte Zügellosigkeit, und zementieren damit das Klischee des nicht zu kontrollierenden männlichen* Temperaments und der weiblichen* Geduld. Schließlich aber behalten die Frauen* Recht und fordern damit nicht nur Poe, sondern auch das Kino-Publikum auf, das etablierte Konzept von Held_innentum zu überdenken.
Dass Poe in dieser Hinsicht eine Charakterentwicklung durchlaufen darf, hebt ihn von allen (!) übrigen weiblichen Nebenfiguren ab. Der in diesem Film eingeführten Figur Rose (Kelly Marie Tran) beispielsweise, die mutig, technisch versiert und moralisch integer als durchaus beeindruckende Figur auftritt, fehlt es wie auch Rey an Fallhöhe und inneren Konflikten. Sie ist und bleibt in allem was sie tut fürsorglich und um das Gemeinwohl bemüht. In Gesellschaft von Angsthase Finn (John Boyega), den sie gleich zu Beginn beim Versuch zu desertieren erwischt, wirkt sie zugleich überlegen wie auch blass, weil übermenschlich perfekt. Star Wars – The Last Jedi hat ein maßgebliches Problem damit, seinen weiblichen* Figuren Fehler zuzugestehen und ersetzt somit bei dem offensichtlichen Versuch, seine Frauen*figuren zu empowern, eine Sexismusfalle durch die andere.
Das Empowerment selbst soll aber hier nicht nur in einem Nebensatz abgehandelt werden, denn dafür ist es viel zu deutlich. Das Skript bietet gleich mehrere Märtyrerinnen ebenso wie einen äußerst seltenen weiblichen* Wiederauferstehungsmoment. Nach dem schon in The Force Awakens etablierten Panem-Muster „We’re keeping each other alive“ retten Frauen* und Männer* sich hier gegenseitig, vielleicht gar mit einem Ungleichgewicht zu Lasten hilfsbedürftiger Männer*. Auch wiederholt The Last Jedi die schon im Vorgänger vorhandene Umkehrung der klassischen Hierarchie zwischen Mann* und Frau* durch Kameraeinstellungen einer großen weiblichen* Figur, die auf eine männliche* hinunterblickt, hier Admiral Holdo auf Poe. Übrigens ist Holdo-Darstellerin Laura Dern neben Carrie Fisher eine weitere Frau* jenseits der 45 mit einer für die Handlung zentralen Rolle. Vor dem Hintergrund, dass Schauspielerinnen diesen Alters extrem selten und meist sehr klischeehaft besetzt werden (Mütter, Großmütter, etc.), kann Star Wars – The Last Jedi hier definitiv einen Bonuspunkt einsammeln.
Der allerdings muss beim Blick auf die nicht-menschlichen Figuren gleich wieder abgezogen werden. Die sind nämlich wie in fast allen Star Wars Filmen durchgehend männlich, sobald sie mehr als nur eine fantasievolle Set-Dekoration darstellen. Als Achillesferse erweist sich außerdem der großzügig eingesetzte Humor des Films, der – und auch das ist ein allgemeines Phänomen des zeitgenössischen Kinos – Gags nur männlichen* Figuren zur Verfügung stellt, allen voran Generahl Hux (Domhnall Gleeson) und DJ (Benicio del Toro), die im Grunde als „Witzfiguren“ angelegt sind.
Punktabzug gibt es leider auch für einzelne Actionszenen, insbesondere die zentrale Kampfsequenz mit Rey und Kylo, in der letzterer auf unverschämt offensichtliche Weise die anspruchsvolleren, spektakuläreren und somit auch beeindruckenderen Duelle austragen darf. Ein klassischer Fall von strukturellem Sexismus im Film: Wo Frauen* empowert werden sollen, müssen sie auch dieselbe Darstellung finden.
Und noch ein kleiner Nachsatz zur Diversität: People of Color, insbesondere Women* of Color, sind auffällig unauffällig, also unterrepräsentiert.
Dresscode und Sex-Appeal
Wenn Star Wars – The Last Jedi die illegitime, weil unnötige Ausstellung eines Körpers vorgeworfen werden wollte, so ginge es um eine männliche Figur: Kylo ist der einzige Charakter, dessen Nacktheit voyeuristisch und sexualisiert in Szene gesetzt wird. Davon abgesehen interessiert sich die Kamera geschlechterübergreifend wenig bis gar nicht für die erotische Ausstrahlung der Figuren.
Einzig der Vergleich der Geschwister Luke und Leia lässt dann doch sexistische Körperstereotype erkennen. So wirkt Lukes gefärbtes Kopfhaar – ja, auch der Bart! – im Kontrast mit seinem gealterten Gesicht nahezu peinlich: Ein Jedi in der Midlife-Crisis, der sich mit dem eigenen körperlichen Verfall nicht abfinden möchte. Das hat der selbstbewusst alternde Meister Yoda so aber nicht vorgelebt! Mit Leia verhält es sich quasi umgekehrt: Die grauen Haare rahmen ein viel zu junges Gesicht, das in erste Linie schön, aber mit Sicherheit nicht von jener Lebenserfahrung gezeichnet erscheint, die sich in Lukes Falten niederschlägt. Wir lernen: Männer* werden nicht alt, sondern interessant. Und Frauen* sind mit ihrer Schönheit verheiratet, bis dass der Tod sie scheidet.
Dramaturgie
Auch was die Verteilung dramaturgischer Macht angeht, macht Star Wars sichtlich Fortschritte. Wurde Rey in ihrem letzten Abenteuer noch von einem Mann nach dem anderen fremdgesteuert, also auf Abenteuer und Missionen geschickt, nimmt sie nun mit selbstbestimmten Entscheidungen Einfluss auf den Verlauf der Dinge. Auch die Rebellenführerinnen geben auf Grund ihrer Führungspositionen die Richtung der Handlung vor. Und dann wäre da noch Rose, die einen Rettungsplan und damit einen Wendepunkt der Geschichte entwickelt, anstößt und durchführt.
Der zentrale Konflikt, die Triebfeder an der Wurzel aller kleinen Handlungsentscheidungen, kreist jedoch einmal mehr um Männer*, weshalb auch das Finale des Films männlich* dominiert ist und die weiblichen* Figuren stark an den Rand drängt. Zudem steht einer gerechten Verteilung struktureller Macht die fehlende Komplexität der Frauen*figuren im Wege. Wo diese nämlich einen inneren Konflikt vermissen lassen, fehlt ihnen auch Handlungsmotivation. Und die grundsätzlich eher defensive, nicht-konfrontative Gesinnung der Frauen* resultiert in Passivität. Damit zeigt Star Wars – The Last Jedi sehr deutlich, wie wichtig komplexe, nicht-lineare Frauen*figuren sind, die scheitern und zweifeln, versagen und im Ansehen der Zuschauer_innen sinken dürfen. Denn es sind diese „Makel“, die ihnen schließlich Stärke verleihen!
Botschaft:
Die Emanzipation der Frau* nur in der Perfektion zu finden ist!
Gesamtwertung: 7
von 0 (Sexistische Kackscheiße) bis 10 (Emanzipatorisch Wertvoll)
Kinostart: 14. Dezember 2017
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Hm…schwierig. Ich schreibe die Tage Mal einen eigenen Artikel und zitiere dich da. Das ist ausführlicher als ein mobil ausgeführter Kommentar.
Was die Makel angeht gebe ich dir Recht.
[…] das mich sehr freut. Der Film hat thematischen Fokus und erzählt auch über Figuren. Wie die Filmlöwin im Blockbuster-Check (Spoiler) zu Recht anmerkt, sind dabei die dynamischen Figuren zu einem Großteil die Männer, auch […]
Ich habe Rey zumindest ansatzweise dynamisch wahrgenommen, da sie ja sehr naiv herangeht in dem Glauben, durch ihren Willen alle Hindernisse ausräumen zu können und Ben zu bekehren. Ebenso sucht sie die dunkle Seite auf, weil sie ihre Eltern sehen möchte, und muss erkennen, woher sie kommt.
Aber das sind gleichzeitig doch sehr oberflächliche Konflikte, die nicht erkennbar Raum bekommen – da hat selbst Kylo Ren wieder mehr Zeit für seine Irrungen, Wirrungen. Insofern ändert sich da an der Gesamtwertung für mich nichts, ich stimme zu 99 % zu.
Was ja umso ärgerlicher ist, dass ich im Netz auch wieder auf viel Ärger und Häme stoße, weil viele diesen Film als „Social Justice Warrior“-Propaganda verstehen – dabei haben die Kerle immer noch die besseren Rollen, ab und zu gibt’s halt trotzdem mal eine kompetente Frau.
Auch die Hoffnungen auf Poe+Finn werden hier eher enttäuscht, und ich hatte Rose Tico als mögliche asexuelle aufgefasst, was auch nicht passiert. Scheint also eine heile heterosexuelle Welt zu bleiben.
Oscar Isaac, Benicio del Toro, John Boyega und Kelly Marie Tran sind alle Persons of Color und treten ja wohl in ziemlich starken und wichtigen Rollen auf. Gebe es den Screenshot von Tran nicht würde diese Kritik diese Leistunegn ja fast schon unterschlagen!! Schade
Ich denke nicht, dass hier die Leistung von Schauspieler_innen of Color unterschlagen wurde, noch dass es darum geht. Vielmehr richtet sich meine Kritik gegen Caster_innen bzw. Autor_innen, die zu wenig Raum für Figuren of Color schaffen. Alle Hauptfiguren sind weiß, es gibt immens wenig Women of Color (nämlich nur die von Dir genannte)… Da ist und bleibt jede Menge Luft nach oben. Das nicht zu erwähnen sehe ich eher als Unterschlagung an.
[…] „Der in diesem Film eingeführten Figur Rose (…) fehlt es wie auch Rey an Fallhöhe und inneren Konflikten. (…) In Gesellschaft von Angsthase Finn (John Boyega), den sie gleich zu Beginn beim Versuch zu desertieren erwischt, wirkt sie zugleich überlegen wie auch blass, weil übermenschlich perfekt. Star Wars – The Last Jedi hat ein maßgebliches Problem damit, seinen weiblichen* Figuren Fehler zuzugestehen und ersetzt somit bei dem offensichtlichen Versuch, seine Frauen*figuren zu empowern, eine Sexismusfalle durch die andere“, Filmlöwin aus: „Blockbuster-Check: Star Wars The Last Jedi„ […]
Deine Analyse ist schlüssig und nachvollziehbar. Dennoch hätte ich dem Film doch noch einen Extrapunkt gegeben. Dafür, dass es ein Kriegsfilm ist, bricht er sehr gründlich mit den klassischen (männlichen) Mustern. Schutz geht über Kampf. Die Admiralin darf den Heldinnen-Tod sterben, tut dies aber auch um den anderen die Flucht zu ermöglichen und nicht um den finalen Sieg zu erringen. Auch der Kampf Kylo gegen Luke endet nicht mit physischer Vernichtung. Ich sehe den Film fast schon als Plädoyer gegen die toxische Männlichket – für einen Kriegsfilm erscheint mir das beachtlich.
Es ist absolut ein Film über toxische Männlichkeit, aber als „Kriegsfilm“ hätte ich ihn nicht eingeordnet. Spannendender Gedanke. Sind dann alle Star Wars und Star Trek Filme für Dich Kriegsfilme? Wie grenzt Du das ab?
Starwars ja, Startrek nein, detailliertere Begründung kommt morgen Abend wenn ich wieder an einer Tastatur sitze, LG Aebby
Zuerst ein paar Sätze zu Startrek. Kern von Startrek ist eine gesellschaftliche Utopie, die zwar (noch) militaristische Elemente enhält, diese dominieren aber nicht mehr die Stories und die Entwicklungsstränge der Figuren. Es ließe sich trefflich über die Notwendigkeit eines Waffenoffiziers auf der Brücke eines Forschungsschiffes streiten, dominierend für den gesamten Plot sind die Waffenoffiziere aber nicht mehr.
Starwars trägt das Wort „war“ meiner Meinung nach zurecht im Titel. Das Merchandising und die Existenz von Legobausätzen täuschen darüber hinweg, dass sich in den Starwars Filmen zuhauf typische Kriegsfilm-Szenen finden – damit meine ich nicht einmal die permanenten Kampf- und Action-Szenen sondern subtilere.
Helden in Starwars entwickeln sich auf dem Weg der Krieger*innen. Aus dem Farmer-Neffen Luke wird ein Kampfpilot, ein Commander, am Ende ein Jedi-Ritter. Rey entwickelt sich von der Schrott-Sammlerin zur Jedi-Ritterin. Selbst Han-Solo ist zwischendurch General. Siegreiche Helden erhalten Auszeichnungen (Luke, Han und Chewie im ersten Film).
Wer nicht zum Soldat wird stirbt.(Lukes Tante und Onkel, Jyns Eltern.) Der Weg des Krieges ist unausweichlich. Selbst Leia, die einst Senatorin war, wird Teil der Kommandokette.Es gibt in Starwars eine Kommandokette, die zwar gelegentlich verletzt wird, sie wird aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Passend zur Kommandokette gibt es die obligatorische Briefing-Szene in der eine ( r) Kommandierende Befehle ausgibt und die untergebenen mehr oder zuhören. Der Unterschied zum Imperium oder der ersten Ordnung ist nur graduell, bei den Rebellen wird nur ein wenig mehr diskutiert.
Passend zur Kommandokette haben die Kommandierenden in der Regel einen geheimen Plan, den die Ausführenden zu Beginn nicht kennen. Ob das die Falle des Imperators über Endor oder der Fluchtplan von Admiralin Holdo ist, das Prinzip ist in beiden Fällen gleich: „Das Kommando hat mehr Grips im Hirn“ 😉
Neben den Held*innen gibt es auf beiden Seiten eine Organisation/Maschinerie, die das Kämpfen ermöglicht: Nachschub, Infrastruktur, Techniker usw. Auf beiden Seiten wird das auch gründlich in Szene gesetzt. Kein Starwars-Film ohne Aufmarsch-, Betankungs-, Wartungs- oder Munitionierungs-Szene eines X-,Y- oder Z-Fighters.
In den letzten beiden Filmen sind mir auch einige Szenen aufgefallen, die ganz typisch für Kriegs-Propaganda-Filme sind. Fallende Bomben, Bombenschächte, Automatische Waffen im Retro-Look (Baze Malbus). Die Bewegungsabläufe der Action-Szenen sind seit „Rogue one“ noch mehr an militärische Kämpfe angelehnt. Die Last-Stand-Schützengraben-Szenen gab es schon in „Empire strikes back“ und jetzt wieder.
Die Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes wird in Starwars nicht hinterfragt. Selbst im glorifizierten Rückblick der alten Republik war eine bewaffnete Ordnungsmacht (Jedis) notwendig, die schon damals im nicht näher ausgeführten Konflikt mit den Sith stand.
Wow, Danke für diese absolut spannende und erhellende Analyse! Den nächsten STAR WARS Film werde ich definitiv mit anderen Augen sehen!
P.S. Die Ästhetik des Kriegers. Das Bild könnte auch in einer Werbebroschüre der US Marines auftauchen (von der Uniform mal abgesehen).
https://www.jedipedia.net/wiki/Datei:Baze_Malbus.jpg
[…] „Der in diesem Film eingeführten Figur Rose (…) fehlt es wie auch Rey an Fallhöhe und inneren Konflikten. (…) In Gesellschaft von Angsthase Finn (John Boyega), den sie gleich zu Beginn beim Versuch zu desertieren erwischt, wirkt sie zugleich überlegen wie auch blass, weil übermenschlich perfekt. Star Wars – The Last Jedi hat ein maßgebliches Problem damit, seinen weiblichen* Figuren Fehler zuzugestehen und ersetzt somit bei dem offensichtlichen Versuch, seine Frauen*figuren zu empowern, eine Sexismusfalle durch die andere“, Filmlöwin aus: „Blockbuster-Check: Star Wars The Last Jedi„ […]
[…] Entwicklung spannender Frauenfiguren, die wir vom ersten zum zweiten Film der aktuellen Trilogie beobachten konnten leider wieder rückläufig. Rey (Daisy Ridley), die waise Schrottsammlerin und mutmaßliche […]