Blockbuster-Check: Ant-Man and The Wasp – Quantumania

Weil der Bechdel-Test zwar cool ist, aber dennoch manchmal zu kurz greift, nehmen wir im Blockbuster-Check Mainstream-Filme hinsichtlich einzelner Elemente kritisch unter die Lupe.

Achtung: Aufgrund der Herangehensweise kann der Blockbuster-Check nicht spoilerfrei sein!

Way to go, MCU! Mit Ant-Man and the Wasp: Quantumania von Peyton Reed läutet das riesige Film-Universum seine fünfte Phase ein. Der dritte Teil der Ant Man-Reihe ist der nunmehr 31. Langfilm des Projekts, das bis dato 14 weitere Filme angekündigt hat. Es ist kein Ende in Sicht und warum sollte es auch: Die Filme des MCUs durchbrechen mit ihren Einspielergebnissen jegliche Schallmauern und die Filmreihe gilt als die finanziell erfolgreichste der Filmgeschichte.

Mit jedem Film dieses massiven und durch und durch selbstreferenziellen filmischen Größenwahns differenziert sich das MCU – zusammen mit seinen Narrativen, Figuren sowie Figurenkonstellationen und vor allem im Bezug auf Geschlechterrollen und Frauenfiguren – immer weiter aus und langsam fällt es dennoch schwer, stets aufs Neue einleitende Worte zu finden. Also “Klappe, die Einunddreißigste!” und rein in den subatomaren Raum.

Held:innen

Schon seit einigen Filmen und Serien stehen in den Held:innen-Konstellationen des MCUs familiäre Beziehungen stark im Fokus. Beim Vorhaben etablierte Held:innen in ihren Geschichten und Persönlichkeiten komplexer zu gestalten und neue Held:innen einzuführen, streift das Filmuniversum vermehrt Eltern-Kind-Beziehungen (wie beispielsweise schon in Black Panther: Wakanda Forever, Thor: Love and Thunder und der Serie Ms. Marvel). In Ant-Man and the Wasp: Quantumania gilt dies sogar doppelt: Neben Scott Lang aka. Ant Man (Paul Rudd) und seiner Tochter Cassie (Kathryn Newton) gehören hier auch Scotts Partnerin Hope Van Dyne aka. The Wasp (Evangeline Lilly) und ihre Eltern Hank (Michael Douglas) und Janet (Michelle Pfeiffer) zum – für Marvel-Verhältnisse kleinen – Held:innen-Ensemble. Dass Hope und ihre Superheldinnen-Identität The Wasp dabei sogar ein Teil des Filmtitels sein dürfen (wie bereits im zweiten Teil der Reihe) darf dabei abermals als Versprechen gedeutet werden, dass es sich bei dem Power Couple um ein gleichberechtigtes Duo handelt. Aber kann der Film das Versprechen einlösen?___STEADY_PAYWALL___

Szenenbild aus Ant-Man and the Wasp: Quantumania

© Marvel Studios

Grundsätzlich ist das MCU was die Geschlechtergerechtigkeit und Darstellung von weiblichen Heldinnen angeht auf einem guten und spannenden Weg, der vorbildlich für Film-Franchises dieser Größe ist. Im Fall von Quantumania ist Ant Mans Werdegang ist letztendlich natürlich der Aufhänger des Films: Sein Leben und wie es sich seit den Ereignissen des letzten Films, in dem er aufgetreten ist (Avengers: Endgame), verändert hat, Hope wird erst im Laufe seiner persönlichen Exposition als seine Partnerin vorgestellt. Scotts Voice Over markiert dabei direkt in den ersten Sätzen, wie unterschiedlich die beiden als Held:innen angelegt sind: Während er seine heldenhaften Aktivitäten quasi ad acta gelegt hat und vom Ruhm seiner vergangenen Taten zehrt, versucht Hope mithilfe der von ihrem Vater entwickelten Pym Partikel und dem Unternehmen Pym Technologies Gutes in der Welt zu bewirken. Obwohl beide gerne nochmal auf ihren alten Superheld:innen-Outfits zurückgreifen, haben sie zu diesem Zeitpunkt das Held:innen-Dasein hinter sich gelassen und nur noch Hope engagiert sich für eine bessere, gerechtere Welt.

Entlang dieser Differenz wird auch die zweite zentrale Heldin des Films eingeführt: Scotts Tochter Cassie. Gerade erst Teenagerin, möchte auch sie die Welt verbessern und wird dabei im Rahmen ihres Aktivismus für soziale Gerechtigkeit verhaftet. In einer ihrer ersten Schlüsselmomente, konfrontiert sie ihren Vater beim Familiendinner damit, dass er sich nicht auf ewig daraus ausruhen könne, die Welt einmal gerettet zu haben, sondern Menschen immer noch Hilfe bräuchten – gerade diejenigen, die ihr Zuhause durch die Geschehnisse der letzten beiden Avengers-Filme verloren haben. Sie stellt dabei die Weichen für eine Entwicklung, die sich im Laufe des Films bestätigen wird: Cassie wir als Superheldin in der zukünftigen Entwicklung des MCU eine zentrale Rolle spielen.

Szenenbild aus Ant-Man and the Wasp: Quantumania

© Marvel Studios

Zwischen Scott und Cassie bzw. Hope entfaltet sich aufgrund dieses – im weiteren Sinne – Konflikts eine ambivalente Dynamik: Im Kampf gegen den Bösewicht des Films lernt Scott viel vom helden- und tugendhaften Verhalten seiner Tochter und Partnerin, aber er ist dadurch auch der einzige, der eine nennenswerte Charakterentwicklung durchmacht. Cassie und Hope sind und bleiben mutig, starke Katalysatoren für Scotts Rückkehr zum Superhelden-Dasein, die letztlich dann doch wieder ihn zur bedeutendsten Figur von Ant-Man and the Wasp: Quantumania werden lässt – aber wenigstens mit einem Ausblick auf eine vielversprechende Zukunft, in der Cassie, die bis dato ohne Superheldinnen-Name agiert, ihren Vater ablöst.

Gegenspieler:innen

Das “:innen” in diesem Zwischentitel ist im Falle von Ant-Man and the Wasp: Quantumania leider überflüssig, denn in den Reihen der Antagonisten befindet sich keine einzige Frau oder weiblich gelesene Figur. Allerdings ist das Ensemble hier generell auch deutlich begrenzter als noch in anderen MCU-Filmen, denn mit Kang, dem Eroberer (Jonathan Majors), MODOK (Corey Stoll) und dem mit sehr wenig Screentime involvierten Lord Krylar (Bill Murray) hat der Film auch nur drei für den Plot relevante und nennenswerte Antagonisten. 

Szenenbild aus Ant-Man and the Wasp: Quantumania

© Marvel Studios

Geschlechterrollen allgemein

Dass es nicht eine einzige Frau in Reihen der Bösewichte gibt, ist zwar ärgerlich, aber immerhin stellen sich die Rollen der Protagonistinnen charakterlich relativ divers dar – lassen sich allerdings auch an einer Hand abzählen. Neben Cassie, Hope und Janet spielt für die Handlung gerade einmal noch die Kämpferin Jentorra (Katy O’ Brian), die eine Rebellion gegen Kang leitet, eine Rolle. Sie und ihr außerhalb von üblichen Schönheitsnormen muskulöser Körper sind dabei allerdings auch eine wahnsinnig überwältigende Präsenz von der wir hoffentlich noch mehr sehen.

Intersektionalität

Bis auf Kang ist das Hauptfiguren-Ensemble in Ant-Man and the Wasp: Quantumania ausschließlich weiß und mit vielen Privilegien ausgestattet. Das ist nichts Neues im Marvel-Universum, aber darf gerne immer mal wieder betont werden. In punkto Intersektionalität ist dieser Zustand in diesem Fall allerdings besonders auffällig, stellt sich doch ein Subplot des Films als sehr neokoloniales Narrativ dar: Im sogenannten Quantum Realm, dem subatomaren Reich, in das die Familie Lang und die Familie Van Dyne unabsichtlich hineingezogen werden, herrscht Kang, der Eroberer, seitdem auch er vor vielen Jahren dort gestrandet ist und nicht fliehen kann. Es war sein Gefängnis, nun sei es sein Imperium, erzählt Janet, die Kang während ihrer früheren Zeit im Quantum Realm kennengelernt hat. Seine Eroberung und Herrschaft des Realms gleicht dabei einer kolonialen Vertreibung: Er hat die in ihrer Darstellung an indigene Stämme angelegte Bevölkerung des Reiches versklavt und vertrieben. Er ist ja auch ein Bösewicht – also business as usual? 

Problematisch wird dieser Plot allerdings vor allem dann, wenn die weißen und reichen Lang/Van Dynes ankommen und in feinster white saviorism-Manier den Eroberer besiegen und die indigene Bevölkerung von ihm befreien. 

Szenenbild aus Ant-Man and the Wasp: Quantumania

© Marvel Studios

Dresscode und Sexappeal

An dieser Stelle könnte schon fast genau der gleiche Absatz stehen, der auch schon über den Vorgänger-Film der Ant Man-Reihe Ant-Man and the Wasp geschrieben wurde: Die Anzüge sind hochgeschlossen, zwar eng-anliegend, aber durchaus eher pragmatisch als sexy designt und alle Frauen sehen durchgängig frisch gestylt und ausgehfertig aus. 

Dramaturgie

Die Dramaturgie des Films, die Frage, was oder wer treibt die Handlung aus welchen Gründen oder Motivationen voran, ist stark an die Beziehungen der Hauptfiguren und Held:innen miteinander verknüpft. Der Generationen-Konflikt zwischen Cassies und Scotts Auffassung darüber, was das Held:innen-Dasein ausmacht und ob die Welt wirklich gerettet ist, löst die Handlung aus. Scotts Verantwortungsgefühle als Vater treiben sie stark voran, ebenso wie Janets Sorge um ihre Familie. Vom Geschlechterverhältnis her ist der Einfluss auf die Handlung des Films sehr ausgeglichen, es spielen allerdings auch beispielsweise mit Scott als dem Beschützertypen einige Geschlechterstereotype mit rein. Das Ende deutet zwar an, dass das MCU durchaus bereit ist, diese Stereotype zu verhandeln, aber besonders konsequent wird das nicht umgesetzt.

Botschaft

“One step forward, one step back.”

Gesamtwertung: 8

von 0 (Sexistische Kackscheiße) bis 10 (Emanzipatorisch Wertvoll)

Sophie Brakemeier