Berlinale 2024: Dahomey – Kurzkritik

Am 10. November 2021 treffen in Benin 26 kulturelle Artefakte ein, die sich zuvor in einem französischen Museum befanden, 26 von etwa 7000 kolonialen Raubgütern, die nun in ihre Heimat zurückkehren. Die französisch-senegalesische Regisseurin Mati Diop, bekannt durch ihr Debut Atlantique, begleitet in Dahomey diesen Restitutionsprozess mit einem, wie sie es selbst nennt, Fantasy-Dokumentarfilm.___STEADY_PAYWALL___

© Les Films du Bal – Fanta Sy

Dahomey ist der Name jenen Königreichs, das nach dem Ende der französischen Kolonialherrschaft mit der wiedererlangten Unabhängigkeit zur Volksrepublik Benin umbenannt wurde und aus dem die kulturellen Artefakte stammen, deren Rückführung Mati Diop begleitet. Dabei geht es der Regisseurin nicht nur um den Ablauf der Restitution, sondern die Einbettung derselben in einen größeren postkolonialen Diskurs. Einerseits begleitet sie die Kultobjekte von Frankreich bis nach Benin, filmt wie sie ein- und ausgepackt und schließlich Teil einer neuen Ausstellung werden. Gleichzeitig verleiht sie ihnen eine eigene Stimme, indem sie eine Statue von König Gezo als lyrisches Ich über seine Entführung, Gefangenschaft und Befreiung reflektieren lässt. Das dritte Element von Diops Film bildet eine von der Regisseurin selbst initiierte Debatte unter Studierenden, in der die jungen Beniner*innen ihre unterschiedlichen Positionen zur Restitution und der Bedeutung des kulturellen Erbes diskutieren.

© Les Films du Bal – Fanta Sy

Mit nur knapp 70 Minuten Laufzeit hat Dahomey nicht den Anspruch, das Thema Restitution oder die Geschichte des titelgebenden Königreichs umfassend zu verhandeln. Vielmehr eröffnet  der Film mit seinen verschiedenen ästhetischen Strategien  unterschiedliche Einblicke in die Kolonialverbrechen auf dem afrikanischen Kontinent und deren Auswirkungen auf die Gegenwart, und kann auf diese Weise verschiedene Bedeutungsebenen materialisierter Kulturgeschichte erschließen. Dahomey ist ein kurzes Kapitel einer ungleich größeren Geschichte, vielleicht vergleichbar mit einem einzelnen Ausstellungsstück inmitten eines großen Museums.

Bei der Berlinale 2024

Sophie Charlotte Rieger
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