Berlinale 2013: Layla Fourie

Dieser Text stammt von meinem ersten Blog SophiesBerlinale und gehört somit zu meinen ersten wackligen Schritten als Filmjournalistin. Deshalb bitte ich darum, etwaige Mängel zu entschuldigen und wohlwollend darüber zu schmunzeln.

© Real Fiction

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Es hätte so schön werden können mit August Diehl in Südafrika, doch was vielversprechend beginnt, endet leider wie so oft in Ratlosigkeit. Layla Fourie kann die Erwartungen, die der Film in der ersten Hälfte weckt, nicht erfüllen und lässt die Zuschauer_innen daher trotz guter Ansätze etwas frustriert zurück.

Layla Fourie stellt Berlinale Wettbewerb 2013 ein Déjà-Vu dar. Dafür kann Regisseurin Pia Marais wahrlich nichts, denn sie hat sich die Startnummer nicht ausgesucht. Dementsprechend kann sie ebenso wenig dafür, dass ihr Film am Tag seiner Festival-Premiere schon die zweite Geschichte eines Autounfalls mit Todesfolge darstellt. Immerhin bereichert sie das Festival mit ihrem Film um eine Art Krimi oder gar Psychothriller, denn in Layla Fourie geht es zeitweise richtig spannend zu.

Die titelgebende Hauptfigur muss für einen Job mit ihrem ca. sechsjährigen Sohn für ein paar Tage die Stadt verlassen. Auf dem Weg zu ihrem Einsatzort überfährt sie versehentlich einen Mann. Layla (Rayna Campbell) will das Opfer in ein Krankenhaus bringen, doch dafür ist es schon zu spät. Aus Sorge um ihren Sohn beschließt die wahrheitsliebende Frau, die Ereignisse dieser Nacht für sich zu behalten. Doch an ihrem Arbeitsplatz trifft sie ausgerechnet auf Eugene, den Sohn des Unfallopfers (August Diehl). Wird es Layla gelingen, die Wahrheit zu verbergen? Und wie wird Eugene reagieren, wenn er erfährt, dass sie die Mörderin seines Vaters ist?

In Layla Fourie geht es vor allem um das Thema Wahrheit. Die Hauptfigur führt für ihre Auftraggeber Lügendetektortests durch, z.B. im Rahmen von Bewerbungsgesprächen. Sie kennt also die Symptome einer Falschaussage und weiß diese zu vermeiden. Doch ihr inneres Streben nach Aufrichtigkeit macht das Lügen zur Qual, zumal zwischen Eugene und ihr durchaus ein paar Funken sprühen. Es ist nur die innige Liebe zu ihrem Sohn, die sie standhalten lässt.

In der ersten Filmhälfte gelingt es Pia Marais eindrucksvoll, uns Laylas Lebenswelt vor Augen zu führen. Angst ist die dominante Stimmung in diesem Mikrokosmos, zunächst um die Besorgung des Lebensunterhalts und die Sicherheit des Sohnes im kriminalisierten Ghetto, dann vor der Enthüllung der Wahrheit und dem Verlust des Kindes. Der Junge wiederum ist eine tickende Zeitbombe, denn der kleine Kane hat nicht nur den Unfall miterlebt, sondern auch heimlich das Handy des Opfers entwendet. Und so warten wir nur darauf, dass Laylas Fassade bröckelt oder Kane sich verplappert. Auch der undurchsichtige Eugene stellt nicht nur ein Objekt der Begierde, sondern vor allem der Bedrohung dar.

Aber dann kommt doch alles anders: nicht nur unerwartet, sondern vor allem unglaubwürdig. Kanes Verhalten ist selbst für ein Kind seines Alters schwer nachvollziehbar. Mal scheint er bereitwillig alles auszuplaudern, dann wieder droht er mit Selbstmord als Layla ihr Gewissen endlich durch eine Beichte erleichtern möchte. Auch Eugenes Position bleibt unklar: Ab welchem Punkt beginnt er die geheimnisvolle Frau zu verdächtigen? Fühlt er sich wirklich zu ihr hingezogen oder ist sein Flirten Teil einer gekonnten Manipulation? Weil wir die Figuren immer schwerer einordnen können, bleiben auch ihre Entscheidungen und Handlungen schwer nachvollziehbar. So wirkt denn auch die Zuspitzung am Ende sehr konstruiert und die Auflösung der Geschichte vor allem rätselhaft.

Ganz ehrlich: Hätte ich nicht in fast jedem Film der Berlinale 2013 eine starke Frauenfigur vorgesetzt bekommen, hätte Layla Fourie mich durch diesen Punkt eventuell überzeugen können. Doch im Vergleich zu Gloria, Die Nonne oder auch Child’s Pose wird die Hauptfigur hier zu stark in die Opferrolle gedrängt, um als emanzipatorische Identifikationsfläche zu funktionieren. Die mangelnde Unterstützung durch ihren Exmann bringt Layla in die brenzlige Lage, ihren Sohn zu ihrem Job mitzunehmen, was wiederum zum Unfall führt. Danach wird Layla Opfer ihrer eigenen vorbildlichen Moral. Sie will die Wahrheit sagen, „kann aber nicht. So erleben wir sie als vom Schicksal benachteiligte Frau und nicht als die Kämpferin, die sie meiner Meinung nach darstellen soll.

Für den Unterhaltungsfaktor des Films ist dies weniger von Bedeutung. Der leidet schlichtweg darunter, dass Pia Marais die dichte Atmosphäre ihres Anfangs nicht über die gesamte Laufzeit retten kann und der Spannungsbogen vor allem im letzten Drittel immer wieder absackt. Schade, schade, es hatte alles so vielversprechend begonnen.

Sophie Charlotte Rieger
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