FFMOP 2022: LES NOUVELLES ÈVES – HELDINNEN DES ALLTAGS

Das Frauenwahlrecht in der Schweiz wurde erst 1971 durch eine eidgenössische Volksabstimmung eingeführt. Dies war ein wichtiger Meilenstein für die Gleichberechtigung, doch der Frauenstreik 2019 führte den Produzentinnen Judith Lichtneckert und Liliane Ott vor Augen, dass feministische Kämpfe weiterhin aktuell sind. Les nouvelles èves – Heldinnen des Alltags ist eine Bestandsaufnahme: Wie steht es heute um die Gleichstellung? Was beschäftigt Frauen in der Schweiz 50 Jahre nach Erhalt des Wahlrechts?

Les nouvelles èves – Heldinnen des Alltags ist ein Kollektivprojekt. Sechs Regisseurinnen (Camille Budin, Jela Hasler, Annie Gisler, Thaïs Odermatt, Wendy Pillonel und Anna Thommen) begleiten sechs Protagonistinnen. Mit der Kamerafrau Gabriela Betschart fangen sie alltägliche Situationen ein, ohne sie zu kommentieren. Sie beobachten Herausforderungen und Diskriminierungen, mit denen Frauen heute konfrontiert sind. Eine Professorin managed die Mehrfachbelastung von Familie und Beruf, eine Migrantin erkämpft sich den Zugang zum Arbeitsmarkt, eine Opernsängerin hinterfragt die tragischen Frauenrollen, eine Pensionärin muss mit Altersarmut umgehen, ein Mädchen erlebt schon im Kinderzimmer Rollenzuschreibungen, eine Studentin erkundet nicht-binäre Beziehungsformen.

© Emilia Productions

Die kollektive Herangehensweise des Filmteams eröffnet vielfältige Perspektiven. Jede Regisseurin nähert sich der Frage von Geschlechtergerechtigkeit auf ihre Weise an und jede Protagonistin erzählt eine individuelle Geschichte. Zwischen den Regisseurinnen und ihren Protagonistinnen besteht eine Vertrautheit, in der auch tabuisierte Themen wie Altersarmut, psychische Erkrankungen oder Körperbilder zur Sprache kommen. Über diese Intimität stellt Les nouvelles èves eine besondere Nähe zwischen den Protagonistinnen und dem Publikum her.

Les nouvelles èves verbindet die Alltagserfahrungen der unterschiedlichen Frauen und setzt sie somit in einen gesellschaftlichen Kontext. Feministische Diskurse und Begriffen erhalten hier eine emotionale Bedeutung. Der Film erinnert daran, dass Geschlechtergerechtigkeit ein fortlaufendes Projekt ist, welches alle Lebensbereiche umfassen muss. Als Grundlage dafür bietet er ein Wertesystem aus Fürsorge, Kooperation, Kraft und Entschlossenheit.

Les nouvelles èves – Heldinnen des Alltags läuft derzeit im Programm des Filmfest Max Ophüls Preis.

 

 

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