IFFF 2025: Sunshine – Kurzkritik

In Manila trainiert die 19-jährige Sunshine Francisco für eine mögliche Olympia-Teilnahme in Rhythmischer Sportgymnastik. Ihr Traum, zu den Großen des Sports zu gehören, lässt sie bis zum Umfallen trainieren. Als sie eines Tages während einer Trainingssession ohnmächtig wird, erkennt Sunshine, dass sie schwanger ist – eine Tatsache, die ihr Leben aus den Bahnen wirft, denn Mutterschaft würde das Ende ihrer Sportkarriere bedeuten. Das Drama Sunshine begleitet seine titelgebende Figur auf der Suche nach Möglichkeiten in der Hauptstadt der Philippinen, einem Land, in dem Abtreibung illegal ist, die Schwangerschaft zu beenden.

In Sunshine verwebt die philippinische Regisseurin Antoinette Jadaone ökonomische, soziale und politische Umstände, die Sunshine navigieren muss. Dabei dient das immer tumultartige Manila, das nahezu wie ein Labyrinth erscheint, als Hintergrund, der das beunruhigende Chaos von Sunshines Suche nach Wegen der körperlichen Selbstbestimmung optisch wie akustisch mitformt.___STEADY_PAYWALL___

© Maris Racal

Jadaones Gewinnerfilm des Gläsernen Bären bei der Berlinale 2025 zeichnet vor allem nach, wie Abtreibungsverbote auch immer eng mit dem Fehlen von sexueller Aufklärung und nicht vorhandener Gesundheitsfürsorge verbunden sind. Sunshine hat keine Möglichkeit, sich ärztlich untersuchen zu lassen, ihr stehen keine Verhütungsmittel zur Verfügung und sie kann selbst kaum einschätzen, wie lange sie bereits schwanger ist. Vielmehr wird sie bereits beim Kauf eines Schwangerschaftstests beleidigt, ihre Suche nach Möglichkeiten für einen Abbruch führt sie schließlich auf einen Marktplatz, auf dem Abtreibungsmittel angeboten werden, deren gesundheitliche Risiken weder die Herstellerin noch Sunshine einschätzen können.

In den Tagen nach dem positiven Schwangerschaftstest lässt die Regisseurin ihre Hauptfigur zudem auf allerlei Charaktere treffen (da sind u. a. der Ex-Freund, die Schwester, andere Schwangere, die Ärztin, die beste Freundin), um über eine philippinische Gesellschaft zu sprechen, die stark vom katholischen Glauben geprägt ist, sich gleichzeitig aber auch nicht der Auseinandersetzung mit den steigenden Zahlen gefährlicher Selbstabtreibungen, aufgrund fehlender legaler und sicherer Alternativen, verweigern kann. So verhandelt Jadaone auch Fragen darum, wer und wer nicht hinter ungewollt Schwangeren steht.

© Maris Racal

Sunshine beeindruckt vor allem mit der Darstellung der Entschlossenheit der Hauptfigur, über den eigenen Körper zu entscheiden. Der Film wählt somit nicht die Darstellung einer ungewollt schwangeren Person, die eine schwierige Gewissensentscheidung treffen muss. Vielmehr stellt er die Wichtigkeit, die der Sport für Sunshine hat, durch dynamisch gefilmte und mit Pop-Musik untermalte Routinen in den Mittelpunkt. Diese gefühlsbetont inszenierten Szenen machen deutlich, welchen Stellenwert der Sport für sie hat und warum sie ihn nicht aufgeben möchte. 

Im Vergleich zu diesen Momenten sind die von der Regisseurin gewählten Elemente aus den Erzähltraditionen des Magischen Realismus, z. B. in Form eines immer wieder aus dem Nichts auftauchenden Mädchens, nicht immer schlüssig in die Story eingebunden, um Sunshines selbstbestimmte Entscheidung zu umschreiben. Dennoch verwebt Jadaones Film nicht zuletzt gekonnt Fragen um reproduktive Rechte, Verantwortung und wie über Tabus, die durch religiöses koloniales Erbe geschaffen wurden, gesprochen werden kann.

Sunshine läuft derzeit im Programm des 42. IFFF.

Sabrina Vetter
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