IFFF 2024: Mambar Pierrette – Kurzkritik

Rosine Mbakams Spielfilmdebüt widmet sich dem Alltag der Schneiderin Mambar Pierrette aus dem kamerunischen Douala. In ihrer geschäftigen Schneiderei gehen allerlei Leute ein und aus: Mütter, die ihre Kinder schick für die Schule machen wollen, neugierige Nachbar*innen, gesprächige Freund*innen und Künstler*innen. Was sie alle vereint, sind die leidigen Sorgen ums Geld. So muss auch Mambar regelmäßig um faire Bezahlung ihrer Handarbeit durch ihre Kund*innen kämpfen. ___STEADY_PAYWALL___

© Tândor Productions

Mambars Leben steht nie still, sie ist immer in Bewegung: zwischen Fürsorge ihrer Kinder und kranken Mutter zu Hause, der ratternden Nähmaschine im Geschäft, Hausbesuchen bei Kund*innen und vielerlei Besorgungen findet Mambar nur wenige Momente des Durchatmens und der Ruhe. „Du siehst so aus, als trägst du alle Sorgen Kameruns auf deinen Schultern“, kommentiert eine Freundin diese Müdigkeit. Mambar erwidert mit einem kurzen Schulterzucken und geht im selben Moment dem Handwerk an der Nähmaschine weiter nach.

Als Mambars Ersparnisse geklaut werden, ihr Haus nach Regenfällen überschwemmt ist und der Vater ihrer Kinder weder körperlich anwesend ist noch die Familie finanziell entlastet, steht Mambar vor unbezahlten Rechnungen. Also macht sie sich auf, um finanzielle Unterstützung einzufordern. Wo Sozialsysteme des Landes versagen, muss die Solidarität der Gemeinschaft greifen. Durch Mambars Geschichte gibt Regisseurin Mbakam Einblicke in das Leben im Prekariat in Kamerun. 

© Tândor Productions

Nicht nur Geldnot bestimmt den Alltag der Protagonistin, sondern auch Generationenkonflikte erschweren das allgemeine Zusammenleben. Während sich die Generation ihrer Mutter und Tanten nicht mit abwesenden Ehemännern und Kindsvätern auseinandergesetzt hat und solche Konflikte zuvor immer nur innerhalb der Familie diskutiert wurden, fordert Mambar auf rechtlichem Wege Unterhalt von dem Vater ihrer Kinder ein. Ein Schritt, mit dem nicht alle Frauen der Familie und aus dem Bekanntenkreis einverstanden sind. 

Gefühlvoll spielt Pierrette Aboheu die Figur der Mambar. Trotz erschütternder Ereignisse und wenig aufmunternder Worte Dritter, schreitet Aboheus Mambar immer mit klarem Blick voran. Fiona Braillons Kamera fängt diese Unaufgeregtheit gekonnt ein, die ständig präsenten Hintergrundgeräusche aus Vogelzwitschern, Radiomusik, Straßenverkehr und Menschenstimmen verankern Mambar Pierrette an dynamischen Orten und erinnern so auch an Mbakams Ursprünge im Dokumentarfilm. 

© Tândor Productions

Mbakams belgisch-kamerunische Koproduktion ist ein Film über den Wunsch nach Unabhängigkeit, den die Figur der Mambar über ihre Rollen als Geschäftsfrau, Mutter und Freundin verhandelt. Mambar Pierrette verfolgt diese Auseinandersetzung nah an dem Alltag seiner Protagonistin. Eine Nähe, auf die sich Zuschauer*innen einlassen sollten.

Mambar Pierrette ist im Internationalen Debüt-Spielfilmwettbewerb des 41. Internationalen Frauen Film Fest zu sehen.

Sabrina Vetter