Gut Gebrüllt: Hannah Schleser

Im März hatte ich die Ehre beim Kikife Kinderkinofestival gemeinsam mit zwei Co-Juror_innen einen Preis zu verleihen. Bei der Abschlussveranstaltung gab es aber nicht nur Trophäen, sondern auch die Ergebnisse mehrerer Workshops für Kinder und Jugendliche zu sehen, die als Begleitprogramm des Festivals stattgefunden hatten. Darunter war auch ein Kurzfilm, bei dem zu meiner großen Begeisterung ein Mädchen* die Kamera übernommen hatte. Darüber wollte ich unbedingt mehr erfahren und habe die junge Kamerafrau Hannah Schleser um ein Interview gebeten. Damit ist Hannah nun die mit 15 Jahren bislang jüngste Filmlöwin in der GUT GEBRÜLLT Reihe.

© Kikife

FILMLÖWIN: Worum ging es in dem Kurzfilm-Workshop beim Kikife? Woran habt ihr gearbeitet?

Hannah Schleser: In dem Workshop ging es darum, dass Jugendliche mit Mentor_innen zusammen einen Kurzfilm drehen und verschiedene Bereiche ausprobieren. Verfilmt wurde das Drehbuch vom Drehbuchworkshop des vorhergehenden Jahres. Der Workshop ging über sieben Tage, ein Tag Vorbereitung, zwei Tage Proben, zwei Tage Dreh und zwei Tage Schnitt. Die Drehtage waren etwas knapp, wir hatten zwei Drehorte an einem Tag, doch es lief alles gut. Als letztes kam der Schnitt des Films und des Making Offs.

Welcher Teil des Workshops hat Dir am meisten Spaß gemacht? Das klingt ja ein bisschen stressig…

Am meisten Spaß haben mir die Drehtage und die Proben gemacht, die Kamera kennenlernen zu dürfen, mit den anderen so stark zusammenzuarbeiten und so viel auszuprobieren. Und der Stress hat auf jeden Fall auch seine guten Seiten. Man merkt, dass man wirklich dabei ist. Wenn es keinen Stress gäbe, würde etwas fehlen.

Warum hast Du Dich für die Kamera entschieden?

Ich stehe gerne hinter der Kamera, weil es mir Spaß macht, Momente einzufangen, die man sich später wieder ansehen kann. Ich bevorzuge die Kamera auch, weil dieser Teil mehr mit der Technik zu tun hat. Der Auf- und Abbau der Kamera ist gar nicht so einfach, wie man das sich vorstellt. Es kann schon mal eine halbe Stunde dauern, bis sie ganz aufgebaut ist. Dann Batterie überprüfen, die Kamera einstellen, also Zoom, Objektiv, Helligkeit, Perspektive und Schärfe. Dieser Prozess macht ziemlich Spaß, da man viel zu tun hat und auch mit Feingefühl daran gehen muss. Es ist auch sehr vielseitig, was man gar nicht so denkt.

Die Kinder-Kurzfilm-Crew © kikife

Wie haben die anderen reagiert, dass ein Mädchen die Kamera macht?

Es gab jetzt keine besondere Reaktion. Es war kein großes Thema, auch wenn ich das einzige Mädchen in der Technik war. Manchmal bekam ich gesagt, dass es echt cool sei, aber sonst war da nicht viel.

Hast Du vorher schon einmal mit der Kamera gearbeitet?

Im professionellen Rahmen noch nicht, nur mit einer Kamera von zuhause. Ich habe mit Freunden Skripte geschrieben oder eine Stelle aus Filmen/Büchern herausgesucht und das verfilmt. Das hat ziemlich großen Spaß gemacht. Ich mag es, ein Ergebnis vor mir zu haben, das man dann auch behält.

Was hat an der Kameraarbeit am meisten Spaß gemacht und was war am schwierigsten?

Am meisten Spaß hat mir der Aufbau der Kamera gemacht und das Filmen der Szenen. Am schwierigsten für mich war, dass die Schärfe immer ganz genau passt und dass die Kamera immer gerade ist.

Es gibt ja insgesamt sehr wenige Kamerafrauen. Hast Du eine Idee, woran das liegen könnte?

Ich glaube, es liegt daran, dass Kameramann/frau ein technischer Beruf ist und Frauen oft soziale Berufe bevorzugen. Ich denke eine größere Auswahl an Projekten im Bereich Film und Technik könnte dabei helfen, dass es mehr Mädchen und Frauen ausprobieren können. Wenn es ihnen Spaß macht, dann überlegen sie sich auch, das später beruflich zu machen.

© Hannah Schleser

Möchtest Du weiter Filme machen? Gibt es schon konkrete Projekte?

Ich würde sehr gerne weitermachen, doch es ist schwer etwas zu finden. Ich wurde aber schon darauf angesprochen, in ein paar Monaten bei einem Film der Schule Kamera und Schnitt zu übernehmen.

Wie schaut es denn aus mit einem Praktikum? Vielleicht können wir auf diesem Wege etwas für Dich finden?

Ja, ich würde sehr gerne ein Praktikum machen, um die Arbeit mit der Kamera besser kennenzulernen! Der Ort ist gar nicht so wichtig, aber Baden Württemberg ist für mich am einfachsten. Das Praktikum sollte in den Ferien sein und gerne nicht viel länger als zwei Wochen gehen.

Mädchen wie Hannah Schleser sind die Filmlöwinnen von morgen. Und wie sie selbst sagt: Wenn Frauen und Mädchen die Chance haben, technische Berufe zu entdecken und sich dafür zu begeistern, ist es auch wahrscheinlicher, dass sie später in diesem Bereich arbeiten.

Deshalb an dieser Stelle der Aufruf: Wer braucht eine engagierte und begeisterte Kamera- bzw. Setpraktikantin? Ich stelle mehr als gerne einen Kontakt her und würde mich unheimlich freuen, Hannah auf diesem Wege in ihrem beruflichen Werdegang zu unterstützen!

Sophie Charlotte Rieger
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