Interview: Valerie Faris und Jonathan Dayton über BATTLE OF THE SEXES
In Battle of the Sexes erzählt das Regie-Duo Valerie Faris und Jonathan Dayton die Geschichte des legendären Tennis-Geschlechterkampfes zwischen Billie Jean King und Bobby Riggs in den 1970er Jahren. Die dreht sich jedoch nicht nur um den Wettkampf an sich, sondern auch um die persönlichen Hintergründe der Kontrahent_innen, um Sexismus und lesbische Liebe in einem homophoben Zeitalter.
Ich hatte die große Freude mit Valerie und Jonathan über ihren Film zu sprechen und ihnen auch die eine oder andere kritische Frage zu stellen. Denn wer meine Kritik zum Film gelesen hat, weiß bereits, dass ich insbesondere aus feministischer Sicht das eine oder andere daran auszusetzen hatte. Entstanden ist ein Interview, in dem es nicht nur um Battle of the Sexes, sondern auch um Alltagssexismus und das Filmemachen im Team geht.
Was war an der Geschichte dieses Matches, abgesehen von dem Wettkampf an sich, für euch besonders wichtig?
Jonathan: Ich glaube, die meisten kennen Billie Jean King als LGBTQ Aktivistin, und sind vermutlich überrascht zu erfahren, dass sie früher mit einem Mann* verheiratet war. Sie musste ihre Homosexualität unbedingt geheim halten, denn im Jahr 1973 gab es in den USA unfassbar viel Homophobie, wirklich überall. Diesem Aspekt wollten wir unbedingt Aufmerksamkeit schenken.
Valerie: Während sie diese erste Affäre mit einer Frau* hatte, die sie geheim halten musste, stand sie stark in der Öffentlichkeit. Sie setzte sich für eine gerechte Bezahlung der Frauen* im Tennis Sport ein, gründete die Women’s Tennis Association und musste den Wettkampf mit Bobby austragen, der mit einem großen Medienzirkus verbunden war. Das muss eine sehr harte Zeit für sie gewesen sein, was sie jedoch nicht davon abgehalten hat, für ihre Ideale einzustehen. Dieser Teil der Geschichte war auch uns unbekannt und wir fanden es wichtig, ihn zu erzählen.
Also geht es mehr um Billie Jean King als Person, um ihre Liebesbeziehung und persönliche Entwicklung, als um das eigentlich Tennis-Match?
Jonathan: Genau.
Dann frage ich mich aber, warum Bobby Riggs im Film so eine große Bühne bekommt. Ihr hättet ja auch einen Film machen können, der sich nur um Billie Jean King dreht.
Valerie: Uns hat interessiert wie das Privatleben der beiden Figuren auch das Match noch einmal in ein neues Licht rückt. Der tatsächliche Wettkampf war weniger interessant als der emotionale und psychologische Druck, dem die beiden im Vorfeld ausgesetzt waren. Das hat auch etwas mit Billie Jeans eigener Einstellung zu Bobby zu tun – damals und heute. Sie sagte: Ihre Philosophie ist den Gegner immer zu respektieren und ihn nie zu unterschätzen. Ich glaube, sie hatte sehr viel Respekt für Bobby und es lag nicht in ihrem Interesse, ihn auf eine Karikatur zu reduzieren.
Damit stellt ihr Bobby im Grunde besser dar als er sich selbst, weil er sich ja konstant als chauvinistisches Arschloch inszeniert.
Jonathan: Interessant… Aber Du hast Recht.
Valerie: Er mag eine selbst-induzierte Karikatur in den Medien gewesen sein. Aber ich denke, im wahren Leben wollte er ernst genommen werden. Dennoch hat er sich erfolgreich in den Medien selbst inszeniert und kannte die notwendigen Techniken, um Aufmerksamkeit zu erhalten.
Jonathan: Ich glaube, Donald Trump ist ein Nachfahre von Bobby Riggs. Nur war Bobby dagegen ziemlich harmlos . Nichtsdestotrotz drängt sich der Vergleich auf.
Hattet ihr das schon im Kopf, als ihr den Film gemacht habt?
Jonathan: Nein, absolut nicht. Wir hatten keine Ahnung, dass Donald Trump so weit kommen würde. Wir haben damit gerechnet, dass Hillary Clinton die Wahl gewinnt und wir unseren Film dann im Weißen Haus zeigen. Sie und Billie Jean sind nämlich gut befreundet.
Valerie: Wir wussten aber, dass bei der Wahl höchstwahrscheinlich eine Frau* gegen einen Mann* antreten würde und deshalb lag die Geschichte unseres Films so nahe.
Ich finde, in Zeiten wie diesen sind Filme wie Battle of the Sexes besonders wichtig, weil sie auch eine Form von Alltagssexismus zeigen, die es immer noch gibt.
Valerie: Ja, es ist fast so, als gäbe es eine neue Berechtigung diese Ansichten öffentlich zu artikulieren.
Jonathan: Es ist schockierend, dass Donald Trump darüber reden kann, jemandem an die Muschi zu grapschen, ohne dass das seine politische Karriere beendet. Es ist unglaublich, dass das heutzutage keine Konsequenzen hat.
In Hinblick auf den dargestellten Sexismus ist es nahezu eine traurige Geschichte, aber Ihr habt euch entschieden, daraus eine Komödie zu machen. Warum?
Valerie: Wir wollten eine komplexe Geschichte erzählen und kein Botschaftskino. Wir hoffen, dass wir damit ein größeres Publikum ansprechen können. Das ist eine wichtige Geschichte, die nicht nur den Menschen zugänglich sein sollte, die ohnehin schon unserer Meinung sind. Und wir wollten die Geschichte fair und komplex erzählen und nicht polarisierend.
Für mich hat der Film angedeutet, dass Bobby Riggs nicht verloren hat, weil er der schlechtere Spieler war, sondern weil er schlechter vorbereitet war.
Jonathan: Ich glaube, das ist so.
Valerie: Er hat nicht trainiert. Aber ich glaube, sie hätte ihn auch geschlagen, wenn er trainiert hätte. Sie hätten das Match wiederholen sollen, damit Billie Jean zeigen kann, dass sie ihn wieder schlagen kann. Sie war eine großartige Tennisspielerin. Sehr strategisch. Sie hat Riggs’ Spiele sehr genau studiert und wusste genau, wie sie ihn dazu bringen kann, sich müde zu laufen. Vielleicht hätten wir dem mehr Raum geben können…
Mir hätte es ja besser gefallen, wenn der Film ihn eindeutig als schlechteren Spieler inszeniert und daran keinen Zweifel aufkommen lässt.
Valerie: Wir haben oft gehört, dass er gegen sich selbst gewettet und mit Absicht verloren haben soll. Das ist für Billie Jean natürlich eine Beleidigung. Ich denke, nachdem er Margerete Court besiegt hatte, glaubte er, kein Training mehr nötig zu haben.
Jonathan: Wir sind natürlich in unserer Geschichte auch durch die tatsächlichen Geschehnisse gebunden.
Valerie: Oder durch das, was wir davon wissen.
Jonathan: Aber niemand, der an dem Wettkampf direkt beteiligt war, auf Bobbys oder Billie Jeans Seite, glaubt daran, dass Bobby mit Absicht verloren hat. Ein Sieg hätte auch für ihn zu viele Vorteile gehabt.
Die Frage drängt sich im Zusammenhang mit Eurem Film jetzt auf: Ihr seid ein Mann-Frau-Team. Wie läuft Eure Arbeit ab?
Jonathan: Wir machen alles gemeinsam. Es gibt keine Arbeitsteilung. Dialog ist das Wichtigste und das hat nichts mit dem Geschlecht zu tun.
Valerie: Ich glaube, wir denken nie über unsere Männer*- oder Frauen*-Rollen nach, sondern wir lösen einfach gemeinsam Probleme. Wir konzentrieren uns weniger auf einander als auf die Sache, an der wir arbeiten und die wir so gut wie möglich verstehen und durchdringen möchten. Wir suchen uns nur Themen aus, die uns interessieren und von denen wir wissen, dass wir uns damit drei bis fünf Jahre beschäftigen wollen. Und so lange das Thema der Geschichte interessant ist, macht auch der Dialog darüber Spaß.
Aber es muss doch auch manchmal Konflikte geben…
Jonathan: Die ganze Zeit. Es gibt immer Diskussionen. Aber es ist auch ein Luxus, von Anfang an mit jemandem zusammen zu arbeiten, der Dir eine andere Meinung anbietet und mit dem Du diskutieren kannst. Wir haben zum Beispiel viel über die Liebesszenen zwischen Billy Jean und Marilyn gesprochen. Wir wollten hier keinen „männlichen Blick“, sondern eine ehrliche Verbindung zwischen zwei Menschen zeigen. Dabei hat der Dialog zwischen uns beiden sehr geholfen.
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