Berlinale 2012: The Iron Lady

Dieser Text stammt von meinem ersten Blog SophiesBerlinale und gehört somit zu meinen ersten wackligen Schritten als Filmjournalistin. Deshalb bitte ich darum, etwaige Mängel zu entschuldigen und wohlwollend darüber zu schmunzeln.

© Concorde

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Eigentlich war ich ja dafür, dass Michelle Williams dieses Jahr den Oscar als beste Hauptdarstellerin erhält, aber nachdem ich The Iron Lady gesehen habe, bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich die Trophäe nicht doch lieber in den Händen von Meryl Streep sehen will.

Insbesondere in der Rolle der alten, leicht senilen Margaret Thatcher hat mich Meryl Streep überzeugt. Von der Körperhaltung, über die Mimik bis hin zur Sprache hat sie sich diese Rolle zu eigen gemacht. Damit gelingt es ihr trotz aller dramaturgischer Schwächen des Films, uns für ihre Figur einzunehmen. Die Konflikte der ersten weiblichen Premierministerin Großbritanniens, ihre Ängste und Sorgen, aber auch ihr Hochmut werden von der zweifachen Oscargewinnerin glaubhaft dargestellt. Wenn doch nur an The Iron Lady alles so toll wäre wie die Schauspielleistung von Meryl Streep!

Dramaturgisch finde ich den Film schwach, wenn nicht gar ärgerlich. Zwar wird mit assoziativen Rückblenden aus der Sicht der Hauptfigur die Geschichte hier rein technisch geschickt aufgerollt, doch fehlt irgendwie ein roter Faden, der aus The Iron Lady mehr macht als nur ein cineastisches Geschichtsbuch. Meiner Meinung nach wäre es geschickter gewesen, die Handlung stärker auf ein spezielles historisches oder persönliches Ereignis zu fokussieren, um einen gescheiten Spannungsbogen zu erzeugen. Es ist wirklich nur den guten Schauspielern zu verdanken, dass The Iron Lady ohne funktionale Storyline nicht tödlichst langweilig geworden ist.

Auch stört mich einmal mehr die pathetische Musikuntermalung, die uns zu einer emotionalen Reaktion auf eine im Grunde nicht emotionale Geschichte zwingen will. Denn Margaret Thatcher ist vieles, nur ganz sicher nicht emotional. Es ist die eine Sache, ob eins begreift, dass auch sie hinter ihrer selbstsicheren Fassade innere Kämpfe ausgetragen hat, oder ob uns Regisseurin Phyllida Lloyd zwingen will, um Thatchers hartes Schicksal eine Träne zu vergießen. Ich kann einfach allgemein nicht gut damit leben, wenn Personen im Film zu stark glorifiziert werden. Natürlich wird Margaret Thatcher hier mit einigen Schwächen dargestellt, doch da sie die Rahmenhandlung als liebenswerte, wenn auch verwirrte Großmutter charakterisiert, bleibt ihr positives Image im Grunde unangetastet.

Wenn ich von diesem Pathos einmal absehe, ist The Iron Lady vor allem ein informatives Portrait über die Person Margaret Thatcher, über die ich zuvor nicht besonders viel wusste. Über ihr Privatleben erfahren wir fast nichts, die offensichtlich enge Beziehung zu ihrem Mann bleibt daher ein wenig rätselhaft. Die professionelle, historische und nicht die private Margaret Thatcher steht hier im Mittelpunkt. Daher kann ich mir vorstellen, dass The Iron Lady eine interessante Ergänzung für den Geschichtsunterricht darstellt. Filmisch aber kann ich ihm auf Grund seiner dramaturgischen Schwächen einfach keine volle Punktzahl zusprechen.

Sophie Charlotte Rieger
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